Die Übergabe von Grundbesitz unter Nießbrauchsvorbehalt hat in der Landwirtschaft eine lange Tradition. Das Eigentum geht bereits auf den Erwerber über, aber der Nießbrauchsberechtigte sichert sich die Erträge des Grundstücks. Das geschieht meistens durch einen Pachtvertrag, den der Nießbrauchsberechtigte mit einem Dritten oder mit dem neuen Erwerber schließt.
Was geschieht, wenn der Nießbrauchsberechtigt stirbt und der Eigentümer den Grundbesitz selbst nutzen möchte? Mit dem Tode des Nießbrauchers endet meistens der Nießbrauch. Damit entfällt an sich die Grundlage des Pachtvertrages, den der Nießbrauchsberechtigte mit dem Pächter geschlossen hatte. Damit der Pächter nicht schutzlos ist, bestimmt § 1056 Abs. 1 in Verbindung mit § 566 BGB, dass der Eigentümer des Grundstücks – und nicht etwas der Erbe des Nießbrauchers – an die Stelle des verstorbenen Nießbrauchers als Verpächter in den Pachtvertrag eintritt. Dafür hat der Eigentümer im Gegenzug das Sonderkündigungsrecht des § 1056 Abs. 2 BGB. Er kann den Pachtvertrag mit der gesetzlichen Frist kündigen. Bei einem Landpachtvertrag beträgt die Frist zwei Jahre.
Das Sonderkündigungrecht ist vor allem dann von Bedeutung, wenn der Nießbraucher einen langfristigen Pachtvertrag abgeschlossen hatte. Den kann der Eigentümer jetzt vorzeitig beenden. Das Sonderkündigungsrecht des Eigentümers besteht allerdings nicht, wenn er
– vor der Bestellung des Nießbrauchs an dem Abschluss des Pachtvertrages mitwirkte,
– er dem vom Nießbraucher geschlossenen Pachtvertrag beigetreten ist oder
– er den Nießbraucher als Alleinerben beerbt hat.
Das hat der BGH in einem Urteil vom 20.10.2010 (Az: XII ZR 25/09) bestätigt. In all diesen Fällen muss der Eigentümer den Inhalt des Pachtvertrages im vollen Umfang gegen sich gelten lassen.
Handelt es sich bei dem Grundstückseigentümer um eine Erbengemeinschaft, ist es nicht unbedingt erforderlich, dass sich alle Miteigentümer mit der Kündigung des Pachtverhältnisses einverstanden erklären. Die Kündigung des Pachtvertrages kann eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung des Grundstücks sein. Dann genügt ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümer. Das hat der BGH im Urteil vom 20.10.2010 ebenfalls klargestellt.
Fazit: Endet der Nießbrauch durch den Tod des Nießbrauchers, geht der Pachtvertrag auf den Eigenümer des Grundstücks und nicht auf die Erben über. Der Eigentümer hat aber ein Sonderkündigungsrecht. Die Erben können den Pachtvertrag nicht kündigen.