Höfeordnung: Wirtschaftsfähigkeit eines Kindes mit höherer Schulausbildung und kaufmännischem Berufswunsch

Wer Hoferbe sein will, muss wirtschaftsfähig sein. Nach § 6 Abs. 7 HöfeO setzt dies voraus, dass der Betreffende nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbstständig ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Bei minderjährigen Kindern haben die Landwirtschaftsgerichte immer wieder zu entscheiden, ob die Voraussetzungen der Wirtschaftsfähigkeit vorliegen.

Das OLG Celle hat in einer Entscheidung vom 15.03.2010 (Az.: 7 W 11/10) entschieden, dass ein minderjähriges Kind, das sich in einer höheren Schulausbildung befindet, einen kaufmännischen Beruf anstrebt und sich derzeit nicht vorstellen kann, den elterlichen Hof zu übernehmen, in der Regel nicht als Wirtschaftsfähig anzusehen ist, weil es nicht nur an der erforderlichen Altersreife, sondern auch an allen übrigen Voraussetzungen fehlt.

Das Landwirtschaftsgericht hatte die Frage zu beantworten, ob die Tochter eines verstorbenen Hofinhabers, die die 12. Klasse des Fachgymnasiums „Wirtschaft“ besucht, volljährig ist und eigentlich die Ausübung eines kaufmännischen Berufes anstrebt, die Voraussetzungen als Hoferbe erfüllt.

Das Gericht stellte zunächst klar, dass ein bereits volljähriges Kind, welches seine Schulausbildung in absehbarer Zeit mit dem Abitur abgeschlossen hat, wirtschaftsfähig im Sinne von § 6 Abs. 6 S. 2 der HöfeO sein kann.

Wirtschaftsfähigkeit setzt aber mehr voraus als das gelegentliches Arbeiten auf dem elterlichen Betrieb in der Vergangenheit. Das OLG Celle stellt klar, dass die Wirtschaftsfähigkeit neben der Altersreife auch voraussetzt, dass der Hofnachfolger landwirtschaftliche Grundkenntnisse besitzt und vor allen Dingen die Neigung und Absicht hat, Landwirtschaft zu betreiben und den elterlichen Hof zu bewirtschaften.

Das konnte das Landwirtschaftsgericht in dem von ihm zu entscheidenden Fall gerade nicht feststellen. Die minderjährige Tochter und ihre Geschwister hatten den Eltern zwar im Sommer gelegentlich bei der Kartoffelernte geholfen, ansonsten hatten sie aber keine landwirtschaftlichen Tätigkeiten ausgeübt. Nach eigenen Angaben hatte die Tochter bis zum Tode des Vaters die Absicht, ihr Abitur auf dem Fachgymnasium „Wirtschaft“ abzulegen und sodann eine Ausbildung als Industriekauffrau zu machen. Die Tochter räumte ein, dass sie bis zum Tode des Vaters nicht an die Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes gedacht hatte. Hinzu kam, dass der landwirtschaftliche Betrieb der Eltern mit hohen Verbindlichkeiten für den Bau neuer Kartoffellagerhallen belastet war. Nach Auffassung des Gerichts stand der Annahme der Wirtschaftsfähigkeit daher nicht nur die mangelnde Altersreife, sondern bei der angespannten finanziellen Lage des Hofes auch die fehlenden fachliche Fähigkeit und das fehlende Interesse an der Ausführung des Berufs der Landwirtin entgegen.

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