Nahe Verwandte wie der Ehegatte oder Kinder, die der Erblasser nicht zu seinen Erben berufen hat, können vom dem oder den Erben den Pflichtteilsanspruch verlangen. Der Pflichtteilsanspruch besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Für die Wertermittlung des Nachlasses kommt es nach § 2311 Abs. 1 S. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Erbfalls an. Maßgeblich ist der Verkaufswert, den die einzelnen Nachlassgegenstände im Zeitpunkt des Erbfalls hatten.
Oftmals liegen Gutachten vor, die einige Zeit vor oder nach dem Erbfall erstattet worden sind. Diese Gutachten können ein wichtiger Anhaltspunkt zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs sein. Vorrangig ist aber auf den Veräußerungserlös eines Nachlassgegenstandes abzustellen. Das hat der Bundesgerichtshof nochmals in einem Beschluss vom 25.11.2010 (Az.: IV ZR 124/09) klargestellt. Er betont, dass Schätzungen durch Gutachten stets mit Unsicherheiten behaftet sind. Ist aber ein Nachlassgegenstand in einem Zeitraum von bis zu 5 Jahren nach dem Erbfall veräußert worden, ist der Verkaufserlös für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs zugrunde zu legen. Das ist sogar dann der Fall, wenn es Gutachten gibt, die in zeitlicher Nähe zum Erbfall erstattet und zu einem anderen Wert gekommen sind.
Natürlich kann es sein, dass ein Verkaufserlös, der einen von einem Sachverständigen festgestellten Wert deutlich unterschreitet, darauf zurückzuführen ist, dass die Erben den Nachlass verwahrlosen ließen. Eine solche Situation muss aber der Pflichtteilsberechtigte beweisen. Gelingt dieser Beweis nicht, kommt es bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs ausschließlich auf den Verkaufserlös an.
Fazit: Wurden Nachlassgegenstände in einem Zeitraum von bis zu 5 Jahren nach dem Erbfall verkauft, ist grundsätzlich der Verkaufserlös und nicht etwa ein vorher von einem Sachverständigen festgestellter Wert für die Berechnung des Pflichtteils zu Grunde zu legen.