Wer einen Hof im Sinne der Höfeordnung durch einen Übergabevertrag erhält und Hofgrundstücke veräußert oder landwirtschaftsfremd nutzt, muss den weichenden Erben nach § 13 der HöfeO Nachabfindung zahlen. Voraussetzung ist natürlich, dass tatsächlich ein Hof im Sinne der Höfeordnung vorliegt.
Das OLG Braunschweig hatte sich mit einem Fall zu befassen, bei dem ein landwirtschaftlicher Betrieb durch einen Übergabevertrag an den Nachfolger übertragen wurde. Im Übergabevertrag war geregelt, dass die weichenden Erben eine Hofabfindung und Nachabfindung erhalten sollten. Alle Beteiligten hatten übersehen, dass der Betrieb wegen Verfalls der Hofstelle und langjähriger parzellierter Verpachtung trotz Hofvermerk tatsächlich kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr war. Das OLG Braunschweig musste entscheiden, ob ein weichender Erbe nach einer Grundstücksveräußerung Nachabfindung beanspruchen konnte, obwohl der Betrieb bei genauer Betrachtung kein Hof mehr war.
Das Oberlandesgericht Braunschweig weist in seinem Beschluss vom 31.10.2011 (Az.: 2 W 4/11) zunächst darauf hin, dass der weichende Erbe Nachabfindung im Sinne von § 13 HöfeO schon deshalb nicht verlangen kann, weil der Betrieb tatsächlich kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr war. Allerdings unterlagen der frühere Betriebsinhaber und der Betriebsnachfolger bei der Beurkundung des Übergabevertrages dem gleichen Irrtum, dass die landwirtschaftliche Besitzung tatsächlich die Hofeigenschaft verloren hatte. Das OLG Braunschweig wendet nun die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage an. Es prüfte, was der frühere Betriebsinhaber und der Nachfolger vermutlich vereinbart hätten, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, dass der Betrieb zwischenzeitlich die Hofeigenschaft verloren hatte. Der Senat kam zu dem Ergebnis, dass der frühere Betriebsinhaber und der Nachfolger den weichenden Erben vermutlich einen am Nachabfindungsanspruch orientierten Zahlungsanspruch zugebilligt hätten, wenn sie sich darüber im Klaren gewesen wären, dass der Hof kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr war. Die Entscheidung bedeutet im Ergebnis, dass die Anwendung der Regelungen der Höfeordnung in Betracht kommt, wenn der frühere Hofinhaber und der Hofnachfolger im Hofübergabevertrag irrtümlich annahmen, dass alle Voraussetzungen für einen Hof im Sinne der Höfeordnung gegeben sind.