Erbvertrag über einen Hof kann auch bei Wegfall der Hofeigenschaft zur Erbfolge führen

Schwierige Fragen stellen sich, wenn letztwillige Verfügungen nicht an aktuelle Verhältnisse angepasst werden. Mit einer solchen Situation musste sich das Oberlandesgericht Hamm in einer Entscheidung vom 10.04.2012 (Az.: I-15 W 77/11) befassen.

Die Eheleute hatten 1963 einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, in dem sie ausschließlich Regelungen über die Hoferbfolge trafen. Sie hatten festgelegt, dass nach dem Ableben des Letztversterbenden nur Kinder aus ihrer Ehe als Hoferbe in Betracht kommen, nicht aber Kinder aus einer früheren Ehe der Ehefrau. Für das hoffreie Vermögen regelten die Eheleute nichts.

Der Ehemann verstarb bereits 1970, die Ehefrau im Jahre 2009. Im Jahr 1971 war der Hof abgebrannt. Die Ehefrau entschloss sich, den Hof nicht mehr aufzubauen und nicht mehr zu bewirtschaften. Dadurch ging auch die Hofeigenschaft verloren.

Nachdem die Ehefrau 2009 verstorben war, argumentierten die Kinder aus erster Ehe, sie seien hinsichtlich des gesamten Vermögens der Mutter Miterbe geworden. Der Erbvertrag, der sie von der Hoferbfolge ausgeschlossen habe, greife nicht ein, da ja der Hof vor langer Zeit die Hofeigenschaft verloren habe und die Eheleute keine testamentarische Bestimmung über das hoffreie Vermögen getroffen hätten.

Das Oberlandesgericht Hamm folgte dieser Auffassung nicht. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung kam das Oberlandesgericht Hamm zu dem Ergebnis, dass die Eheleute die im Erbvertrag vorgesehenen Erben des Letztversterbenden auch als Erbe des Grundbesitzes eingesetzt hätten, wenn sie daran gedacht hätten, dass der Hof die Hofeigenschaft vor dem Ableben des Letztversterbenden verliert. Dabei ergab sich aber das weitere Rechtsproblem, dass sich eine Erbeinsetzung nur auf einen einheitlichen Nachlass beziehen kann. Das OLG Hamm löst dieses Problem, indem es den im Erbvertrag vorgesehenen Erben den Bruchteil der Erbschaft zusprach, der wertmäßig dem Verhältnis zwischen dem im Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhandenen früheren Hofvermögen einerseits und dem Gesamtnachlass andererseits entsprach.

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