Vergesst die alte Höfeordnung nicht!

Es gibt Erbfälle, in denen noch heute alte Fassung der Höfeordnung aus dem Jahr 1947, die 1976 durch die aktuelle Fassung abgelöst wurde, eine große Rolle spielt. Letztlich geht es darum, wer von mehreren in Betracht kommenden Erben den Hof erhält. Mit einem solchen Fall, bei dem auch viele andere schwierige Rechtsfragen zu klären waren, hat sich der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 23.11.2012, (Az.: BLw  12/11) befasst.

Der Fall klingt kurios: In den frühen 50-ziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatte ein Ehepaar im Rheinland eine neue Heimat gefunden und eine Siedlerstelle gekauft. Obwohl der Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes den damals maßgeblichen Betrag von 10.000,00 DM erheblich überstieg, unterblieb die Eintragung der Hofeigenschaft im Grundbuch. Als die Ehefrau 1971 starb, gingen alle davon aus, dass der Ehemann und der Sohn den Miteigentumsanteil der Ehefrau nach den allgemeinen Erbregelungen des BGB geerbt hatten. Der Witwer heiratete nach einigen Jahren erneut und setzte seine zweite Ehefrau zu seiner Alleinerbin ein. Als er 1992 verstarb, nahmen alle an, dass die zweite Ehefrau den Miteigentumsanteil des verstorbenen Ehemanns sowie den Miteigentumsanteil aus der Erbschaft der ersten Ehefrau erhält. Der Sohn machte den Pflichtteil geltend, den seine Stiefmutter auch auszahlte.

Wieder vergingen Jahre. Der Sohn, der den landwirtschaftlichen Betrieb gerne für sich und seine Kinder erhalten wollte, ließ die Rechtslage prüfen. Er erfuhr, dass bis zum Inkrafttreten der neuen Höfeordnung im Jahr 1976 für einen Ehegattenhof eine sehr komplizierte Erbregelung galt, die zwingendes Recht war und die dazu führen konnte, dass der überlebende Ehegatten nur Hofvorerbe und ein Kind Hofnacherbe wird. Das bedeutete für den Sohn, dass er Hofnacherbe geworden wäre und dass die Stiefmutter den Hof nicht geerbt hätte.

Da die Erben der zwischenzeitllich verstorbenen Stiefmutter den landwirtschaftlichen Betrieb nicht herausgeben wollten, beantragte der Sohn eine Klärung durch das Landwirtschaftsgericht. Dieses bestätigte die Auffassung des Sohnes, dass er 1992, mit dem Tode seines Vaters, Hofnacherbe geworden ist. Dem widersprach das Oberlandesgericht. Es kam zu dem Ergebnis, dass es treuwidrig sei, wenn sich der Sohn jetzt auf das Hoferbrecht zu beruft, nachdem er zuvor und unter Einbeziehung des Wertes des landwirtschaftlichen Betriebes den Pflichtteil beansprucht und erhalten hatte. Auch äußerte es verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der Regelung in § 8 der Höfeordnung aus dem Jahr 1947. Dieser Auffassung schloß sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 23.11.2012 (Az.: BLw 12/11) nicht an. Er betont, dass der Rechtsirrtum des Hoferben über seine Erbschaft ebenso wenig rechtsvernichtend wirkt, wie der Rechtsirrtum des Erben des hoffreien Vermögens eine Erbschaft an dem Hof begründen kann.

Für eine besonders schwere Treuwidrigkeit, die eventuell ein anderes Ergebnis gerechtfertigt hätte, konnte der Bundesgerichtshof nichts feststellen, zumal der Sohn, der erst jetzt die Hoferbfolge erkannt hatte, stets bereit war, nach Anerkennung seiner Stellung als Hoferbe die zu Unrecht erhaltene Pflichtteilszahlungen zu erstatten.

Einschränkend stellte der Bundesgerichtshof aber auch fest, dass die Geltendmachung der Hoferbfolge dann treuwidrig und mit den Zielen der HöfeO, dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung leistungsfähiger Höfe in bäuerlichen Familien, nicht zu vereinbaren ist, wenn im Zeitpunkt des Vorerbfalls – hier im Zeitpunkt der Todes der Mutter im Jahr 1971 – alle Beteiligten von der Anwendbarkeit des allgemeinen Erbrechts ausgingen und wenn die landwirtschaftliche Besitzung im Zeitpunkt des Nacherbfalls – also im Zeitpunkt des Ablebens des Vaters im Jahr 1992 – die Hofeigenschaft in der Form verloren hatte, dass eine nicht mehr bewirtschaftete und zu bewirtschaftende oder eine verstümmelte ehemalige landwirtschaftliche Besitzung vorlag. Dieser Frage muss das Oberlandesgericht jetzt noch nachgehen.

Solche „Altfälle“ können auch heute noch auftreten, wenn bei einem Ehegattenhof einer der Ehegatten zu Zeiten der alten HöfeO, also vor 1976, und der überlebende Ehegatte deutlich später verstorben ist. Für die Kinder kann die Überprüfung sinnvoll sein, ob Hoferbfolge eingetreten ist, an die zunächst  niemand dachte.

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