Immer wieder aktuell: Vor- und Nacherbschaft des Ehegatten nach alter Höfeordnung

Obwohl die 1947 eingeführte Höfeordnung 1976 grundlegend umgestaltet und dabei auch die Vorerbschaft des Ehegatten abgeschafft wurde, gibt es noch immer Erbfälle, bei denen die alte Rechtslage eine große Rolle spielt. Das zeigt auch ein Beschluss des OLG Hamm vom 11.10.2013 (Az: 10 W 26/13):

Der Hofeigentümer war 1962 kinderlos verstorben. Seine Ehefrau ist nach den Regeln der alten Höfeordnung Vorerbe geworden. Sie ist im Jahr 2011 verstorben und hinterließ einen Sohn aus zweiter Ehe. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Hof längst die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs verloren. Sowohl Geschwister und eine Nichte des 1962 verstorbenen Hofeigentümers als auch der Sohn der 2011 verstorbenen Ehefrau streiten um die Besitzung, die früher einmal ein Hof im Sinne der Höfeordnung war.

Das OLG Hamm stellt zunächst klar, dass es bei Eintritt des Nacherbfalls nicht darauf ankommt, ob die landwirtschaftliche Besitzung, die im Zeitpunkt des ersten Erbfalls ein Hof i.S.d. HöfeO war, bis zum Eintritt des Nacherbfalls die Hofeigenschaft verloren hat. Mit anderes Worten: Weil beim Vorerbfall (1962) ein Hof vorlag, richtet sich auch beim Nacherbfall – hier dem Tod der Witwe des Hofeigentümer – die Nachfolge nach der Höfeordnung, obwohl kein Hof mehr vorhanden war.

Dann war zu klären, ob der 1962 verstorbene Hofeigentümer gesetzliche Hoferben hatte, die wirtschafsfähig waren. Die wären nämlich Hofnacherbe erworden. In Betracht kamen seine Geschwister und eine Nichte. Diese waren aber alle nicht wirtschaftsfähig. Ist aber keiner der in Betracht kommenden Nacherben wirtschaftsfähig, dann wird der Vorerbe (hier die Witwe) im Zeitpunkt des Nacherbfalls – also mit seinem Tod – zum Vollerben und der weiteren Folge, dass der Hof in den Nachlaß fällt. Damit hat der Sohn der Witwe nach allgemeinem Erbrecht die frühere landwirtschaftliche Besitzung geerbt.

Auch dieser Fall zeigt: Es lohnt sich genau hinzusehen, wenn bei einer (frühreren) landwirtschaftlichen Besitzung der Hofeigentümer vor 1976 und der überlebende Ehegatte viel später verstorben ist. Die alte Höfeordnung, die dann weiter gilt, ist immer für Überraschungen gut.

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