Erneut musste sich das Oberlandesgericht Hamm mit der Frage befassen, ob ein langfristiger Landpachtvertrag dem Schriftformerfordernis genügt. Für Pächter und Verpächter ist das von großer Bedeutung, da ein langfristiger Landpachtvertrag, bei dem nicht alle Anforderungen an die Schriftform eingehalten sind, jederzeit unter Einhaltung der in § 594 a Abs. 1 BGB vorgesehenen Frist von zwei Jahren zum Schluss des Pachtjahres gekündigt werden kann. Im Streitfall, über den das OLG Hamm im Urteil vom 13.04.2014 (10 U 92/13) zu entscheiden hatte, könnte der Pachtvertrag schon zum 30.09.2014 und nicht erst zum 30.09.2043 gekündigt werden – eine Verkürzung um 29 Jahre!
Wie der Landwirtschaftssenat des Oberlandesgerichts Hamm ausführt, kann die für einen Landpachtvertrag gesetzlich vorgeschriebene Schriftform bereits dann nicht gewahrt sein, wenn der schriftliche Vertragstext die den Pachtgegenstand beschreibenden Flurstücke unzutreffend oder unvollständig benennt, so dass ein Dritter dem Vertragstext nicht entnehmen kann, welche Flächen Pachtgegenstand sein sollen. Es genügt insoweit nicht, dass beiden Vertragsparteien bekannt ist, welche Flächen verpachtet sind. Unter Hinweis auf diese Rechtslage hat das Oberlandesgerichts Hamm dem Verpächter, der auf Herausgabe verpachteten Landes klagte, Recht gegeben.
Im Jahre 2002 verpachtete der Landwirt eine aus zwei Fluren mit jeweils zwei Flurstücken bestehende Landwirtschaftsfläche von ca. 16,65 ha. Das schriftliche Pachtvertragsformular bezeichnet nur eins der vier Flurstücke richtig, drei Flurstücke – von denen zwei nur teilweise verpachtet werden sollten, werden nicht erwähnt, dafür andere Flurstücke, die nicht zum Pachtobjekt gehören sollten. Der Vertrag sah den 31.12.2011 als Vertragsende vor und wurde vom Verpächter mit einer im November 2011 ausgesprochenen Kündigung zum Ablauf des 31.12.2013 gekündigt. Daraufhin hat der Verpächter ab dem 01.01.2014 die Herausgabe der Pachtsache verlangt, der der Pächter unter Hinweis auf das nach seiner Sicht noch bis zum 31.12.2013 laufende Pachtverhältnis widersprochen hat.
Das Oberlandesgericht bestätigt die Wirksamkeit der Kündigung, allerdings erst zum 30.09.2014 und nicht, wir vom Pächter erhofft, zum 30.09.2043. Beim Abschluss des Pachtvertrages sei die gesetzlich vorgesehene Schriftform nicht gewahrt worden. Der Pachtgegenstand werde in der Vertragsurkunde nicht zutreffend bezeichnet. Das gesetzliche Schriftformerfordernis diene vorrangig der Information eines potentiellen Grundstückserwerbers und nicht der am Vertragsabschluss beteiligten Parteien. Es reiche daher nicht, wenn den Vertragsparteien beim Abschluss des Vertrages klar sei, aus welchen Flurstücken oder Flurstückenteilen sich der Pachtgegenstand zusammensetze. Für einen Dritten als möglichen Grundstückserwerber müsse sich aus der Auslegung der Urkunde und ggfls. dort in Bezug genommener äußerer Umstände ergeben, welche Flächen als Pachtgegenstand verpachtet sein sollten.
Die Schriftform sei im vorliegenden Fall nicht gewahrt, weil einige als Pachtgegenstand vorgesehenen und überlassene Flurstücke im Vertrag nicht erwähnt seien, der andere nicht als Pachtobjekt vorgesehene und auch nicht zur Verfügung gestellte Flurstücke als verpachtet aufliste. Der schriftliche Vertrag mache zudem nicht deutlich, dass bei zwei Flurstücken auch nur bestimmte Teilstücke und nicht die vollen Flurstücke Pachtgegenstand sein sollten.
Weil der Pachtgegenstand in der Vertragsurkunde nicht hinreichend fixiert sei, sei dem Schriftformerfordernis insgesamt nicht genügt worden. Infolge des Formmangels gelte das einheitlich begründete Vertragsverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und sei mit einer bis zum dritten Werkvertrag eines Pachtjahres ausgesprochenen schriftlichen Kündigung erst zum Ablauf des übernächsten Pachtjahres kündbar. Wenn – so wie im vorliegenden Fall – das Kalenderjahr das Pachtjahr sei, habe die im November 2012 ausgesprochene Kündigung des Vertragsverhältnis erst zum Ablauf des 31.12.2014 beendet.
Fazit: Landpachtverträge müssen mit größter Sorgfalt ausgearbeitet werden!
Wünschen Sie weitere Informationen?