Höfeordnung: Weichende Erben können vom Hoferben die Übereignung hoffreier Grundstücksteile verlangen

Die Rechte der weichenden Erben hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 26.06.2014 (Az.: V ZB 1/12) spürbar gestärkt. Sie können vom Hoferben die Übereignung hoffreier Grundstücksteile verlangen und müssen sich nicht auf einen Geldausgleich verweisen lassen.

Für die weichenden Erben ist es von erheblicher Bedeutung, ob ein Grundstück zum Hofvermögen gehört. Ist es hofzugehörig, wird der Hoferbe Alleineigentümer. Der Erbausgleich der weichenden Erben erfolgt über den Hofeswert. Gehören Grundstücke nicht zum Hof, unterliegen sie dem allgemeinen Erbrecht und die weichenden Erben werden Eigentümer.

Umstritten war bislang, was für gemischt genutzte Grundstücke gilt, also solche Grundstücke, die teilweise landwirtschaftlich und teilweise landwirtschaftsfremd genutzt werden. Diese gemischte Nutzung kann beispielweise darin liegen, dass ein Teil einer ehemals insgesamt landwirtschaftlichen Fläche zwischenzeitlich Bauland geworden ist oder dass der Hofeigentümer auf einem Teil der Fläche ein Mietshaus, ein Photovoltaikfeld oder eine Windkraftanlage errichtet hat.

Bislang waren die meisten Landwirtschaftsgerichte der Auffassung, dass auch eine gemischt genutzte Fläche nur einheitlich beurteilt werden kann. Wenn die landwirtschaftliche Nutzung überwog, gehörte das gesamte Grundstück zum Hofvermögen. Überwog hingegen die landwirtschaftsfremde Nutzung, wurde das Grundstück insgesamt als nicht hofzugehörig angesehen. Es vererbte sich dann nach allgemeinem Erbrecht.

Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass ein einheitliches Grundstück im rechtlichen Sinne, das unterschiedlich genutzt wird, in einen hofzugehörigen Grundstücksteil und einen hoffreien Grundstücksteil aufgeteilt werden kann, jedenfalls dann, wenn die Fläche, die landwirtschaftfremd genutzt wird, katastermäßig abgegrenzt ist. Auch wenn es sich rechtlich um ein einziges Grundstück handelt, wird es wirtschaftlich in verschiedene Grundstücksteile zerlegt.

Dies hat gravierende Folgen für das Erbrecht. Da sich ein Grundstück im rechtlichen Sinne nur einheitlich vererben lässt, muss zunächst geklärt werden, ob die landwirtschaftliche oder die landwirtschaftsfremde Nutzung überwiegt. Überwiegt die landwirtschaftliche Nutzung, fällt das Grundstück zwar zunächst dem Hoferben zu. Die weichenden Erben brauchen sich im Hinblick auf den landwirtschaftsfremd genutzten Grundstücksteil nicht lediglich mit einem Zuschlag zum Hofeswert zu begnügen. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.04.2014 können die weichenden Erben nach Eintritt des Erbfalls von dem Hoferben die Übereignung des hoffreien Grundstückteils verlangen. Hierzu führt der Bundesgerichtshof aus, Sinn und Zweck der Höfeordnung, die Erhaltung lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe und die Verhinderung einer agrarpolitisch unerwünschten Aufteilung, rechtfertigten keine Ausweitung auf Gegenstände, die mit dem Hof nicht untrennbar verbunden seien. Der Gleichheitsgrundsatz und die Erbrechtsgarantie würden einer Schlechterstellung der weichenden Miterben entgegen stehen.

Die Entscheidung hat erhebliche praktische Bedeutung. Weichende Erben können auch dann von dem Hoferben die Übereignung hoffremd genutzter Grundstücksteile verlangen, wenn der Erbfall schon längere Zeit zurückliegt.

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