Soll eine Anlage zur Hähnchenmast in der Nähe von Wohnbebauung errichtet werden, kann der Einbau einer Abluftbehandlungsanlage zur Vermeidung einer zusätzlichen Belastung der Nachbarschaft durch Bioaerosole auch dann geboten sein, wenn die Abluftbehandlung in der Geflügelhaltung aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht dem Stand der Technik entspricht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am 23.07.2015 (Az: BVerwG 7 V 10.13) entschieden.
Der zuständige Landkreis Oldenburg hatte dem betroffenen Geflügelzüchter eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Hähnchenmastställen mit insgesamt 84 900 Plätzen erteilt. Aus Gründen der Vorsorge hat er dem Geflügelzüchter aufgegeben, eine Abluftbehandlungsanlage einzubauen, um auf einem 250 m entfernt liegenden Wohngrundstück eine Bioaerosol-Zusatzbelastung zu verhindern.
Das Verwaltungsgericht Oldenburg hatte den Landkreis verpflichtet, dem Geflügelzüchter die Genehmigung ohne die Anordnung zu erteilen. Es sei nicht geklärt, ob die Anlage überhaupt zu einer zusätzlichen Bioaerosol-Belastung des Wohngrundstücks führe. Unabhängig hiervon sei die Anordnung unverhältnismäßig. Abluftreinigungsanlagen entsprächen in der Geflügelhaltung noch nicht dem Stand der Technik. Der Landkreis habe auch nicht dargelegt, dass die Ställe mit der Abluftbehandlung wirtschaftlich betrieben werden könnten. Zudem sei der Verdacht, dass Bioaerosole aus gewerblichen Tierhaltungen die Gesundheit von Nachbarn gefährden könnten, mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Zwar beruht die Annahme, dass die Abluftbehandlung in der Geflügelhaltung noch nicht dem Stand der Technik entspricht, weil sie wirtschaftlich noch nicht allen Anlagenbetreibern unabhängig vom Standort ihrer Anlage zumutbar ist, auf Feststellungen des Verwaltungsgerichts. Wenn die Geflügelställe in der Nachbarschaft zu Wohnbebauung errichtet werden sollen, kann die Abluftbehandlung aber eine im Einzelfall erforderliche und wirtschaftlich zumutbare Vorsorgemaßnahme sein. Das kann nicht ausgeschlossen werden, ohne zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es auf den Wohngrundstücken anlagebedingt zu einer relevanten Zusatzbelastung durch Bioaerosole kommt. Dieser Frage muss das Verwaltungsgericht jetzt nachgehen. Es ist also nicht auszuschließen, dass der Geflügelzüchter eine teure Abluftanlage einbauen muss, die die Wirtschaftlichkeit seines Vorhabens in Frage stellt.