Unklare Grundstücksgrenzen? Kein Festlegung der Grenzen auf Ermessensbasis

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschied in seinem Urteil vom 13.01.2016, AZ 1 A 10955/13.OVG, dass dem Vermessungs- und Katasteramt bei der Festlegung von Flurstücksgrenzen kein Ermessen eingeräumt ist. Es ist nicht befugt, aus mehreren mögli-chen Grenzverläufen einen auszuwählen.

Der Kläger ist Eigentümer zweier Grundstücke im Westerwald, die an einen Weg der Ge-meinde angrenzen. Die ursprüngliche Vermessung dieses Bereichs des Weges erfolgte im 19. Jahrhundert nach dem nassauischen Kataster. Da eine durchgängige Kontrolle der Urmessung nicht gegeben ist, galten die Flurstücksgrenzen des Weges nach der Handhabung des dortigen Vermessungs- und Katasteramts als noch nicht festgestellt. Im Zusammenhang mit der Festsetzung des Standplatzes einer Abwasserpumpe ihres Abwasserwerks beantragte die Gemeinde bei dem Vermessungs- und Katasteramt die Grenzfeststellung des genannten Teils des Weges. In einem Termin vor Ort im November 2009 stellte das Vermessungs- und Katasteramt dann die Flurstücksgrenze des Weges zu den Grundstücken des Klägers erstmalig fest. Hiergegen erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage, weil er die Grenzbestimmung für fehlerhaft hielt. Das Verwaltungsgericht Koblenz wies die Klage ab. Im Berufungsverfahren entschied das OVG im Sinne des Eigentümers.

Das Vermessungs- und Katasteramt habe dadurch, dass es eine von mehreren möglichen Grenzen festgesetzt habe, seine amtlichen Befugnisse überschritten. Das Amt habe lediglich das Recht festzustellen, ob die im Kataster eingetragene Lage eines Flurstückes mit dem Ist-Zustand in der Örtlichkeit, wie er sich aus vorgefundenen Grenzmarken und Grenzeinrichtungen-wie Steine, Hausecken oder ähnliches –ergebe, übereinstimme. Das Amt dürfe zwar bei der Rückübertragung der Liegenschaftszahlen nicht vermeidbare Abweichungen als Fehlertoleranzen bei der Feststellung identischer Punkte berücksichtigen. Es habe aber kein Ermessen bei der Grenzfeststellung. Es sei nicht befugt, aus mehreren möglichen Grenzverläufen einen auszuwählen. Wenn nach sachkundiger Auffassung mehrere Grenzvarianten in Betracht kommen, sei die Grenze vielmehr unklar. Eine hoheitliche Grenzbestimmung bei unklaren Grenzen sei allein den Zivilgerichten vorbehalten.

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