Hofübergabe – eigentlich für immer

Die lebzeitige Hofübergabe an die nächste Generation hat in der Landwirtschaft eine lange und gute Tradition. Der Hofeigentümer überträgt seine wirtschaftliche Lebensgrundlage an einen Abkömmling, um sich durch ein Altenteil versorgen zu lassen, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbstständige Stellung erlangt. Wegen dieser Besonderheiten gilt der Grundsatz, dass ein einmal vollzogener Hofübergabevertrag nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

Kommt es bei einem gewöhnlichen Kaufvertrag zu schwerwiegenden Problemen oder erweist sich bei einer Schenkung der Beschenkte als grob undankbar, können die Verträge normalerweise rückgängig gemacht werden. Bei einem Hofübergabevertrag besteht diese Möglichkeit normalerweise nicht. Das liegt auch daran, dass die meisten Bundesländer in den wenig bekannten Ausführungsgesetzen zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt haben, dass ein Rücktritt von einem Hofübergabevertrag nicht oder nur unter erschwerten Umständen möglich ist.

In einem Urteil vom 08.12.2015 (Az: IX ZR 98/13) musste sich der Bundesgerichtshof mit einer solchen Situation befassen. Der Übergeber und der Übernehmer waren heillos zerstritten und hatten schon viele Prozesse gegeneinander geführt. Der frühere Hofeigentümer widerrief den Übergabevertrag und erklärte gleichzeitig den Rücktritt wegen groben Undanks, weil der Übernehmer, sein Sohn, angeblich die Auflagen und Pflichten aus dem Übergabevertrag nicht erfüllt habe. Der Übernehmer, der Sohn, kündigte das den Eltern eingeräumte Wohnrecht, wiederum mit der Begründung, diese hätten sich grob vertragswidrig verhalten. Beide bemühten die Gerichte. Amts- und Landgericht kamen zu dem Ergebnis, dass es bei dem vollzogenen Hofübergabevertrag bleiben muss, weil das Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch des Landes Baden-Württemberg eine „Rücktrittssperre“ enthalte. Der Bundesgerichtshof der die Sache wegen der grundsätzlichen Bedeutung bearbeiten konnte, zeigt die Grenzen solcher Rücktrittssperren auf: Ein Rücktritt von einem Hofübergabevertrag ist dem Übergeber stets – aber auch nur dann – möglich, wenn Pflichtverletzungen des Übernehmers ein solches Gewicht haben, welches auch unter Berücksichtigung eigenen Fehlverhaltens des Übergebers diesen das Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Umgekehrt stellt der Bundesgerichtshof aber auch klar, dass der Übernehmer beispielsweise die Verpflichtung zur Einräumung eines Wohnrechts kündigen kann, wenn die Störung beim Zusammenleben überwiegend durch den Übergeber verursacht wird und dies dem Übernehmer das weitere Zusammenleben unzumutbar erschwert. Wer nun für das Desaster verantwortlich ist, werden die Gerichte erneut zu prüfen haben.

Auch wenn der Streitfall, über den der Bundesgerichtshof entscheiden musste, eher die Ausnahme darstellt, kann nur dringend empfohlen werden, vor dem Abschluss eines Hofübergabevertrages gründlich und gewissenhaft zu prüfen, ob sich der Altenteiler in die Abhängigkeit von dem Übernehmer begeben will

und ob dieser die ihm angetragenen Verpflichtungen tatsächlich und gewissenhaft erfüllen kann und will. Auch werden Übergeber und Übernehmer darüber nachdenken, ob sie es bei der grundsätzlichen Endgültigkeit eines Hofübergabevertrages belassen wollen oder ob sie beispielsweise die landesgesetzlichen Regelungen in den Ausführungsgesetzen zum BGB ausschließen wollen, welche den Rücktritt von einem Hofübergabevertrag nur unter erschwerten Umständen zulassen.

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