Ein Landwirt ist nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) nicht verpflichtet, die Arbeitszeiten seiner Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Unterlässt er die Aufzeichnung, verhält er sich nicht ordnungswidrig. Das entschied das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 18.10.2016 (3 RBs 277/16).
Der Betroffene, Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes, beschäftigte auf dem Hof einen einzigen Arbeitnehmer. Der Arbeitsvertrag legte die Arbeitszeit und das monatliche Bruttogehalt des Arbeitnehmers fest. Der Arbeitsvertrag unterfiel einem durch Rechtsverordnung für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag, der Mindestentgelte für Arbeitnehmer im Bereich der Land-und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau regelt.
Das Hauptzollamt Bielefeld erließ gegen den Betroffenen wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das AEntG einen Bußgeldbescheid mit einem Bußgeld von 1.000,00 €. Es hat dem Landwirt vorgeworfen, als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes ab dem 01.01.2015 seiner Aufzeichnungspflicht nach dem AEntG (Arbeitnehmerentsendegesetz) nicht nachgekommen zu sein. Dem Einspruch des Betroffenen half das Amtsgericht Bielefeld ab. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld erhob gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde, die vor dem OLG Hamm erfolglos blieb.
Nach Auffassung des OLG Hamm habe sich der Betroffene nicht ordnungswidrig verhalten, da er die Arbeitszeiten seines Arbeitnehmers seit dem 01.01.2015 nicht aufzuzeichnen habe. Nach Auffassung des OLG sei § 19 Abs. 1 Satz 1 AEntG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 AEntG sei beschränkt. Die Regelungen gelten nur für die in § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG ausdrücklich bezeichneten Branchen des Bauhaupt- und des Baunebengewerbes. Den Bereich der Landwirtschaft führe das Gesetz in diesem Zusammenhang nicht auf, sodass es nach seinem Wortlaut keine Aufzeichnungspflicht für den Betrieb des Landwirts begründe.
Eine analoge Anwendung der Bußgeldvorschriften des AEntG auf die vom Gesetzeswortlaut nicht erfasste Landwirtschaftsbranche kommt nach Auffassung des Gerichts nicht in Betracht. Eine Analogie, d. h. die Anwendung einer Bußgeldvorschrift über ihren Inhalt hinaus auf einen von der Vorschrift nicht erfassten, nur ähnlichen Lebenssachverhalt sei zu Gunsten eines Betroffenen nicht zulässig. Ein dem Betroffenen anzulastender ordnungswidriger Verstoß ergebe sich auch nicht aus dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder dem Arbeitszeitgesetz. Keines der Gesetze verpflichte den Betroffenen zu der infrage stehenden Aufzeichnungs- und Dokumentationspflicht.