IHK-Zugehörigkeit eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebes

Ein landwirtschaftliches Nebengewerbe im Sinne des § 2 Abs. 2 IHKG liegt nur vor, wenn es sich um ein besonderes Unternehmen neben dem land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen handelt und eine Personenidentität der Inhaber, eine innere Verbundenheit zwischen beiden Unternehmen sowie eine Abhängigkeit des nebengewerblichen Unternehmens von dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptunternehmen besteht. Die so genannte Zehntel-Regelung des § 3 Abs. 3 S. 3 IHKG findet von vornherein keine Anwendung, wenn neben einem landwirtschaftlichen Betrieb selbstständig ein die IHK-Mitgliedschaft begründender gewerblicher Betrieb besteht, so das OVG Lüneburg in seinem Urteil vom 14.09.2016, Az.: 8 Lw 107/15.

In dem vom OVG Lüneburg zu entscheidenden Fall wandte sich ein Landwirt gegen die Höhe der vorläufigen Festsetzung des Kammerbeitrages für die örtlich zuständige Industrie- und Handelskammer. Der Kläger, der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes war und zeitgleich ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen betrieb sowie mit Strom und Fahrzeugen handelte, wehrte sich gegen die Heranziehung zum IHK-Beitrag.

Der klagende Landwirt war der Auffassung, dass er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit vorwiegend Landwirt sei und bereits Beiträge an die Landwirtschafskammer zahle. Folglich habe er keine Beiträge zu IHK zu entrichten. Seine Tätigkeit als Lohnunternehmer erfolge im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes und könne davon nicht getrennt werden. Es handele sich bei seinem Unternehmen um einen einzige Betrieb, da seine Maschinen und die Mitarbeiter sowohl für die Bewirtschaftung seiner eigenen landwirtschaftlichen Flächen als auch für die Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen im Auftrage anderer Landwirte eingesetzt würden. Daher hätte die Industrie- und Handelskammer nach ihrer Beitragsordnung und § 3 Abs. 4 S. 3 des Gesetztes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) lediglich ein Zehntel der von der Beklagten zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage bei der vorläufigen Festsetzung des Mitgliedsbeitrages berücksichtigen dürfen. In erster Instanz war der Landwirt mit seiner Klage gescheitert. Das Verwaltungsgericht hatte die Klage abgewiesen und den Kläger zu einer Vorauszahlung auf den künftigen Kammerbeitrag verurteilt. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts betreibe der Kläger mit seinem Lohnunternehmen nicht „Land- oder Forstwirtschaft oder einen damit verbundenes Nebengewerbe“, sondern ein selbstständiges gewerbliches Unternehmen. Die sogenannte „ein-Zehntel-Regelung greife daher zu seinen Gunsten nicht.

Gegen das Urteil legte der Landwirt Berufung ein. Das OVG Lüneburg gab der Berufung jedoch nicht statt. Das OVG vertrat die Ansicht, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen habe. Nach Auffassung des OVG sei der Kläger aufgrund des von ihm betriebenen Lohnunternehmens nach § 2 Abs. 1 IHKG Mitglied der Beklagten. Danach gehören zur Industrie- und Handelskammer, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechtes, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten. Da der Kläger seinen Betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum als Einzelunternehmen geführt habe, sei er als natürliche Person zur Kammer zugehörig gem. § 2 Abs. 1 IHKG.

Der Kammerzugehörigkeit des Klägers stehe auch die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 IHKG nicht entgegen. Danach sind natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben und welche Land- oder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Unternehmen betreiben, nur zugehörig, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind.

Mit dem von ihm geführten Lohnunternehmen betreibe der Kläger keine Landwirtschaft. Als solche sei nur die Ausnutzung des Bodens mit dem Ziel der Erzeugung und Verwertung pflanzlicher oder tierischer Rohstoffe anzusehen. Auch wenn die als Lohnunternehmer ausgeübten Tätigkeiten mit denen in einem landwirtschaftlichen Betrieb vergleichbar sind, fehlt es nach Auffassung des OVG dabei an einer Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Rohstoffe durch Bodennutzung für den Betrieb des Klägers. Die Tätigkeit eines landwirtschaftlichen Lohnunternehmers dient gerade nicht dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern handelt es sich um eine Dienstleistung für andere Landwirte. Das Lohnunternehmen des Klägers stelle auch keine landwirtschaftliches Nebengewerbe im Sinne des § 2 Abs. 2 IHKG dar. Nach den anhand zu § 3 Abs. 3 HGB entwickelten Grundsätzen ist von einem landwirtschaftlichen Nebengewerbe auszugehen, wenn es sich um ein besonderes Unternehmen neben dem land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen handelt und eine Personenidentität der Inhaber sowie eine innere Verbundenheit zwischen beiden Unternehmen und eine Abhängigkeit des nebengewerblichen Unternehmens von dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptunternehmen besteht. Maßgeblich ist dabei die Verkehrsanschauung. Das OVG betonte in seiner Entscheidung, dass es die erforderliche Überzeugung gewonnen habe, dass das Lohnunternehmen des Klägers kein bloßes landwirtschaftliches Nebengewerbe zu der vom Kläger betriebenen Landwirtschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Alt. 3 IHKG darstellt. Das Verhältnis des Umfangs der Arbeiten, die das Lohnunternehmen des Klägers für dessen landwirtschaftlichen Betrieb übernehme, zu denjenigen Arbeiten, die das Lohnunternehmen des Klägers für andere Landwirte ausführe, spreche gegen eine Abhängigkeit des Lohnunternehmers vom landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Ferner sei nach der Auffassung des OVG zu berücksichtigen gewesen, dass der Kläger im Rahmen seines Lohnunternehmens auch einen Handel mit den dort vorhandenen Maschinen bzw. Gerätschaften als Gewerbe angemeldet hat.

Die sogenannte Zehntel-Regelung nach § 3 Abs. 4 S. 3 i.V.m. S. 2 IHKG greift nach Auffassung des OVG nicht, da der Kläger die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt. Er betreibt nicht vorwiegend Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer gelegenen Grundstück. Bei dem Bestandsmerkmal „vorwiegend“ ist im Rahmen der Auslegung auf das tatsächliche Verhältnis der landwirtschaftlichen Betätigung und der die Gewerbesteuerpflicht auslösenden Tätigkeit zueinander abzustellen.

Letztlich war das Gericht der Auffassung, dass die die Gewerbesteuerpflicht auslösende Tätigkeit gegenüber der landwirtschaftlichen überwiege. Es wies daher die Klage zurück.

Landwirte, die eine gewerbliche Nebentätigkeit ausüben sollten, zur Vermeidung der Beiträge zur Industrie- und Handelskammer darauf achten, dass die nebenbetriebliche Tätigkeit nicht überwiegt.

Andernfalls ist ein doppelter Kammerbeitrag zu entrichten.

Wünschen Sie weitere Informationen?

Dieser Beitrag wurde unter Agrarrecht veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.