Macht ein Milchbauer, dessen Grünfläche in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk liegt, glaubhaft, dass er die weitere Jagdausübung aus ethischen Gründen als Ausdruck seiner individuellen Lebenseinstellung, bei der Tier- und Naturschutz einen hohen Stellenwert besitzen, ablehnt, hat er Anspruch auf eine jagdrechtliche Befriedung der betroffenen Bezirke nach Auslauf der laufenden Pachtverträge. Die gelegentliche Annahme von Wildbrett für Dritte rechtfertige keinen Zweifel an einer solchen Gewissensentscheidung. Dies entschied das Verwaltungsgericht Münster mit Urteil vom 14.02.2017, Az.: 1 K 1608/15.
Der Kläger, der einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchviehhaltung führt, ist Eigentümer von Grundstücken, die in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk liegen. Der Kläger beantragte bei der zuständigen Behörde, die Grundstücke zum Ende des laufenden Jagdpachtvertrages zu jagdrechtlich befriedeten Bezirken zu erklären und berief sich dazu auf ethische Gründe im Sinne des § 6a BJagdG. Durch die Jagd auf seinen Flächen komme es zu schweren Gewissenskonflikten. Die dazu angehörten Jagdgenossenschaften, Jagdpächter, Grundstücksnachbarn und der Jagdbeirat sprachen sich gegen den Antrag des Klägers aus. Es bestehe Tierseuchengefahr und die Gefahr von Wildschäden durch erneute Verbreitung des Schwarzwildes. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers schließlich ab. Die Beweggründe des Klägers seinen für eine Befriedung der Grundstücke aus ethischen Gründen nicht ausreichend. Der Kläger bestritt den Rechtsweg.
Die Klage hatte Erfolg. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt. Gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG habe der Kläger einen Anspruch darauf, dass seine Grundstücke zu jagdrechtlich befriedeten Bezirken erklärt werden. Er habe glaubhaft gemacht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehne und diese Ablehnung Ausdruck seiner individuellen Lebenseinstellung ist, bei der Tier- und Naturschutz einen hohen Stellenwert besitze.
Eine Ablehnung der Jagdausübung aus ethischen Gründen liegt vor, wenn sie Ausdruck einer persönlichen Überzeugen und Gewissensentscheidung ist. Als eine Gewissensentscheidung ist jede sittliche, d.h. an den Kategorien von „gut“ und „böse“ orientierte Entscheidung anzusehen, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sich nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
Das Gericht führte aus, dass angesichts des Wesens einer Gewissensentscheidung es sich verbiete, eine Differenzierung und Wertung nach richtig und falsch vorzunehmen. Vielmehr muss die jeweils individuelle auf Gewissensgründen gestützte Entscheidung so, wie vom Kläger dargelegt, hingenommen werden. Entscheidend ist, dass die diesbezügliche Überzeugung ein gewisses Maß an Kraft, Kohärenz und Bedeutung besitzt, mithin einen gewissen Grad von Entschiedenheit, Geschlossenheit und Wichtigkeit erreicht, somit tief verankert ist und deshalb in einer demokratischen Gesellschaft Respekt verdient. Nach Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Kläger nach Auffassung des Gerichts glaubhaft gemacht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt.
Daran ändere auch nichts, dass der Kläger in der Vergangenheit mehrmals aus Höflichkeit für seine Mutter Wildbrett angenommen habe. Nach Auffassung des Gerichts begründe auch die Tatsache, dass der Kläger einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchviehhaltung und weiblicher Nachzucht betreibe, keine durchgreifenden Zweifel an der Annahme einer ernsthaften Gewissensentscheidung, zumal der Kläger selbst nie Tiere geschlachtet habe. Versagungsgründe nach § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG lagen mangels konkreten Tatsachenvortrags des Beklagten nach Auffassung des Gerichts nicht vor.
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