Abschluss eines Landpachtvertrages – nicht ohne meinen Anwalt!?

Das können man meinen, wenn man sich die Entscheidung des Landwirtschaftssenats des BGH vom 24.11.2017 – LwZR 2/ 16 vergegenwärtigt. Sie betrifft die Haftung des Pächters, wenn Grünland während der Pachtzeit durch ein neues Gesetz auf einmal einem Umbruchverbot unterliegt.

Der Pächter hatte bei Pachtbeginn für seine Schäferei Grünland angepachtet. Im Vertrag stand allerdings ein „A“, was landläufig als die Nutzungsart „Ackerland“ definiert wird. Tatsächlich genutzt hat der Pächter die Fläche als Grünland, konnte er doch mit Ackerland für seine Schäferei naturgemäß nichts anfangen. Weil aber während der Pachtzeit ein Umbruchverbot in Kraft getreten war, konnte er dem Verpächter bei Pachtende nur das zurückgeben, was er bei Pachtantritt erhalten hatte, nämlich Grünland. Der Verpächter kam jedoch auch die Idee Schadensersatz zu fordern, weil er seiner Ansicht nach nur minderwertiges Grünland zurückerhalten hatte, welches er aufgrund des Umbruchverbots nicht mehr in Ackerland umwandeln konnte.

Landwirtschaftsgericht und Landwirtschaftssenat des Oberlandesgericht lehnten ab. Jedenfalls das Oberlandesgericht sah in der Bezeichnung „A“ (Ackerland) eine unschädliche Falschbezeichnung. Das aber sah der BGH anders. Er wollte nicht ausschließen, dass Fläche verpachtet war, die später einmal als Ackerland genutzt werden konnte. Deshalb aber wollte er Schadensersatzansprüche des Verpächters nicht ausschließen. Nach Auffassung des BGH hätte der Schäfer in einer solchen Situation im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung (§ 596 Abs. 1 BGB) dafür Sorge tragen müssen, dass die Ackerlandeigenschaft erhalten bleibt und die Entstehung von Dauergrünland durch einen rechtzeitigen Umbruch abgewendet wird. Wenig tröstlich dürfte für den Schäfer sein, dass der BGH ein Mitverschulden des Grundstückeigentümers für möglich hält, nämlich dann, wenn er es unterlassen haben sollte, den Pächter zu einem rechtzeitigen Umbruch anzuhalten, was regelmäßig nur dann in Betracht komme, wenn der Verpächter selbst ein aktiver Landwirt sei.

Auf den Punkt gebracht: Muss ein Landwirt denn wirklich während der Pachtzeit darauf achten, ob sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nutzungsart seines Pachtland derart ändern, dass er die Entstehung von Dauergrünland durch einen von ihm zu veranlassenden Umbruch in Ackerland verhindern muss, selbst dann, wenn er die Fläche nur als Grünland nutzen kann und der Verpächter dies auch weiß? Der BGH bejaht dies. Aber entspricht es wirklich der Lebenswirklichkeit, dass ein aktiver Landwirt auf Europarecht beruhende Verordnungen und Gesetze in all ihren Finessen kennen muss, welche die rechtlichen Rahmenbedingungen seiner Pachtflächen betreffen. Gehört die „Optimierung“ der rechtlich möglichen Nutzungsart noch zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung? Die Entscheidung des BGH ist hart, meines Erachtens zu hart. Die ordnungsgemäße Bewirtschaftung betrifft doch eher die Frage, ob Flächen nach guter landwirtschaftlicher Praxis bewirtschaftet werden. Natürlich hat der Pächter dabei die gleiche rechtliche Sorgfalt walten zu lassen, wie bei seinen eigenen Flächen. Dies kann aber nicht soweit gehen, dass es eine „Optimierungsverpflichtung“ des Pächters gibt. Wer eine Fläche als Grünlandfläche bei Pachtbeginn antritt und diese auch nur als solche nutzen kann, muss nicht damit rechnen, dass er zur „Optimierung“ der Nutzungsart ohne Aufforderung seines Verpächters einen Umbruch zu Ackerland vornehmen muss, wenn dies vertraglich nicht ausdrücklich vereinbart ist und sich im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung auch nicht aufdrängt, da er nur zurückgibt, was er auch tatsächlich erhalten hat. Folgt man der Auffassung des BGH, wird man als Landwirt nicht umhinkommen, durch einen Agrarjuristen kontinuierlich die Rechtmäßigkeit der Bewirtschaftung und etwaiger auf neuen Gesetzen beruhender Handlungspflichten klären zu lassen. Eine solche Verpflichtung lässt sich dem Landpachtrecht kaum entnehmen, auch nicht als Nebenpflicht. Realistischerweise kann nur auf das abgestellt werden, was ein aktiver Landwirt ohne stetige juristische Beratung bei Lektüre landwirtschaftlicher Publikationen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses selbstverständlich wissen musste. Es überspannt den Bogen, wenn dem Landwirt ein Kenntnisstand abverlangt wird, der üblicherweise nicht einmal bei einem Rechtsanwalt vorhanden ist, der sich im Rahmen einer Allgemeinkanzlei zwar mit dem Miet-und Pachtrecht, aber nicht mit agrarspezifischen Fragen wie einem Umbruchverbot von Grünland in Ackerland zu befassen pflegt.

Wünschen Sie weitere Informationen?

Dieser Beitrag wurde unter Agrarrecht veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.