Erwerbsminderungsrente/Witwenrente: Vorsicht ist geboten

Sowohl Erwerbsminderungs- als auch Witwenrenten sind in ihrer Bewilligungshöhe vom tatsächlich erzielten Hinzuverdiensteinkommen abhängig. Bei beiden Rentenarten sieht das Sozialgesetzbuch vor, dass Arbeitseinkommen bzw. Einkünfte, die nach dem Einkommensteuerrecht als Einkommen definiert werden, auf die jeweilige Rente anzurechnen sind. Dies kann, wie im Fall eines Landwirts aus dem Landkreis Fulda, zu einem Verlust bzw. sogar zu einer Rückzahlung von bereits gewährten Rentenbeträgen führen.

Dem juristischen Laien ist häufig nicht bekannt, dass als Arbeitseinkommen nicht nur die nach dem Einkommensteuerrecht ermittelten Gewinne aus einer selbständigen Tätigkeit auf die jeweils gewährte Rente anzurechnen sind, sondern dass dies auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit nach Abzug der Betriebsausgaben sein können.

So entschied das Landessozialgericht Darmstadt in seinem Urteil vom 16.05.2018 – Az.: L 5 R 256/16, dass ein Landwirt, der seit 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung erhielt und seit 2009 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielte, nunmehr seine ihm gewährte Erwerbsminderungsrente zurückzahlen muss, da er im Jahre 2012 seinen Rinderstall aus dem Betriebsvermögen herausgenommen und in sein Privatvermögen überführt hatte. Durch diese steuerliche Maßnahme erhöhten sich die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Landwirtes so stark, dass sie zu einem Totalverlust und zu einer Rückzahlung der bereits gewährten Erwerbsminderungsrente führten. Die Richter wiesen in ihrem Urteil drauf hin, dass die Rente wegen voller Erwerbsminderung abhängig vom erzielten Hinzuverdienst geleistet werde. Als Arbeitseinkommen sei grundsätzlich der nach dem Einkommensteuerrecht ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit anzurechnen. Dem entspräche die im Einkommensteuerbescheid festgestellte Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit nach Abzug der Betriebsausgaben. Ob der Versicherte Einkünfte durch eigene Arbeitskraft erzielte, sei hingegen jedoch nicht relevant. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Das Urteil zeigt, dass Bezieher von Erwerbsminderungs- und Witwenrenten nicht ohne Weiteres weitere Einkommensquellen eröffnen können, um ihren Lebensunterhalt im Alter abzusichern. Führen Einkünfte, wie im vorliegenden Fall, dazu, dass sie steuerlich als Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz gewertet werden, so werden diese Beträge auf die Erwerbsminderungsrente bzw. Witwenrente angerechnet und führen im Extremfall zur Kürzung der Rente.

Es sollte daher weit im Vorfeld vor einer Betriebsübertragung darüber nachgedacht werden, wie und mit welchen Einnahmen das Alter bzw. die Lebenssituation nach Tod des Lebenspartners tatsächlich abgesichert werden kann, ohne dass die Gefahr besteht, dass gewährte Rentenleistungen vollständig entfallen. Andernfalls droht im einen oder anderen Fall ein böses Erwachen.

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