Geographische Herkunftsangabe oder Fantasiebezeichnung? – Der Streit um das richtige Weinetikett

Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (DLR) ist nicht berechtigt, einem Winzer zu untersagen, auf seinem Weinetikett des von ihm im Anbaugebiet Pfalz hergestellten deutschen Qualitätsweines die Angaben „K.B.“ oder „Sankt Paul“ bzw. „S.P.“ zu verwenden. Dies entschied das Verwaltungsgericht Trier mit Urteil vom 01.02.2018 – Az. 2 K 12306/17.TR.

Der klagende Winzer betreibt in unmittelbarer Nähe zur französischen Grenze ein Weingut. Einige seiner Weinberge befinden sich unweit der Grenze in Frankreich. Die DLR gestattet dem klagenden Winzer, seine von französischen Weinbergen stammenden Weine, die er in seinem Betrieb in der Pfalz ausbaut, als Qualitätswein aus der Pfalz zu vermarkten. Die DLR legte im Bescheid zugleich die Lagebezeichnung „Schweigener Sonnenberg“ für diese Weine fest und erlaubte dem Winzer, die bewirtschafteten Rebflächen und die daraus gewonnen Erzeugnisse mit für die Gemeinde Schweigen zulässigen Bezeichnungen (Ortswein, Großlage und Bereich) zu vermarkten. Der Winzer vermarktete seine Weine, die aus Trauben der Katasterlage „Kammerberg“ in Frankreich hergestellt wurden, in der Vergangenheit unter der Bezeichnung „Kammerberg“. Weine, die aus Trauben der Katasterlage „Paulin“ in Frankreich stammten, bezeichnete er als „Sankt Paul“. Nachdem die von ihm gewählte Bezeichnung Gegenstand eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens war und ihm ein Vergehen gegen das Weingesetz, insbesondere wegen des Verwendens von unzulässigen geographischen Angaben vorgeworfen wurde, wurde das Verfahren im März 2017 gegen Geldzahlung eingestellt. Der Winzer stellte daraufhin die Vermarktung seiner Weiner von den Parzellen „Kammerberg“ und „Paulin“ unter den Bezeichnungen „Kammerberg“ und „Sankt Paul“ ein.

Zeitgleich fragte der Winzer die DLR, ob er seine Weine, die von seinen französischen Parzellen stammten, mit den Angaben „K.B.“ sowie „Sankt Paul“ bzw. „S.P.“ kennzeichnen dürfe. Er beschrieb zugleich, welche Begleittexte er für die Präsentation der Weine im Internet vorsah. Dabei wies er darauf hin, dass „Sankt Paul“ lediglich ein Heiligenname sei, der für sich genommen nicht auf eine geographische Herkunft des Weines hindeute. Es gebe auch keine Gewanne, die so heißen. Schon deswegen scheide eine geographische Herkunftsbezeichnung aus. Auf dem Rückenetikett sei zudem die genehmigte Lagebezeichnung „Schweigener Sonnenberg“ aufgebracht, sodass der Verbraucher keine Veranlassung dazu habe, unter den vorgesehenen Bezeichnungen weitere Herkunftsangaben zu verstehen.

Die DLR führte hingegen aus, dass es sich bei den vom Kläger vorgesehenen Bezeichnungen nicht um Fantasiebezeichnungen handle. Unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Außendarstellung der Weine handle es sich um Herkunftsangaben. Zudem erfolge die Verwendung französischer Lagebegriffe entgegen § 4 Abs. 3 WeinG und sei damit unzulässig.

Das Verwaltungsgericht Trier gab in seiner Entscheidung vom 01.02.2018 dem Winzer Recht und stellte fest, dass die DLR nicht berechtigt ist, dem Kläger zu untersagen, bei der Etikettierung der betreffenden Weine die Angaben „K.B.“ sowie „Sankt Paul“ bzw. „S.P.“ zu verwenden. Bei den Bezeichnungen handle es sich um keine nach dem Weingesetz unzulässigen geographischen Herkunftsangaben. Weder die Bezeichnung „K.B.“ noch „Sankt Paul“ noch „S.P.“ seien Namen im Sinne einer geographischen Herkunftsbezeichnung. Weder seien die Bezeichnungen „K.B.“, „Sankt Paul“ bzw. „S.P.“ Namen bestimmter geographischer Einheiten, noch Name im Sinne einer aktuellen wissenschaftlichen Definition. Die Buchstabenkombinationen, die der Winzer verwendet hat, dienten nicht der Bezeichnung von Parzellen. Buchstabenkombinationen seien zwar durchaus als Abkürzungen erkennbar. Für sich genommen sei jedoch nicht ersichtlich, für welche Worte die Abkürzungen stehen sollen. So können man ohne weitere Informationen beispielsweise auch eine Anlehnung an den Namen einer Person vermuten. Bei der Bezeichnung „Sankt Paul“ kommt nach Auffassung des Gerichts hinzu, dass sie dem Namen „Paulin“ auch in seiner Übersetzung aus dem Französischen ins Deutsche nicht entspricht. Selbst wenn man die gesamte Etikettierung betrachte, ist nach Auffassung des Gerichts für einen durchschnittlichen Verbraucher kein Zusammenhang zwischen den streitgegenständlichen Bezeichnungen und bestimmten geographischen Einheiten erkennbar. Letztlich handele es sich um Fantasiebezeichnungen, deren Verwendung nach dem Weingesetz keiner Genehmigung bedürfen und durch die genehmigte Lagebezeichnung „Schweigener Sonnenberg“ auch nicht ausgeschlossen werden. Das Gericht sah auch durch die Verwendung der Fantasiebezeichnungen keine Gefahr für eine Irreführung des Verbrauchers gegeben. Zwar sei bei entsprechendem Hintergrundwissen erkennbar, aus welchem Gebiet die Trauben des bezeichneten Weines stammen, jedoch werde der Verbraucher hierdurch nicht getäuscht, da die Weine auch tatsächlich diesen Einheiten entstammen würden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Ob die fantasievolle Lösung des Winzers unter seinen Berufskollegen Nachahmer finden wird, bleibt abzuwarten. Für einige, im grenznahen Bereich wirtschaftende Weinbaubetriebe dürfte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier zukünftig die schwierige Lage der ordnungsgemäßen Etikettierung ihrer Weine durchaus erleichtern.

 

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