Naturschutzverband kann Masseland zum Nachteil eines Nichtlandwirts im Flurbereinigungsverfahren zugeteilt bekommen

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 18.07.2018, Az.: 9 C 10103/18.

Ein Nichtlandwirt hatte als Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens sein Hausgrundstück nebst Gebäude und Freiflächen in ein Flurbereinigungsverfahren eingebracht und unverändert in alter Lage zugeteilt bekommen. An sein Altflurstück grenzte ein Einwurfflurstück, welches von einem Landwirt bewirtschaftet wurde. Im östlichen Teil des klägerischen Grundbesitzes befand sich ein Mischwald, der im Biotopkataster des Landes als gesetzlich geschütztes Biotop ausgewiesen war. Im Planwunschtermin hatte der klagende Nichtlandwirt „die Zuteilung einer Teilfläche aus dem Einwurfflurstück, welches der Landwirt bis zur Aufgabe seines Betriebes bewirtschaftet hatte, gefordert.“ Der Kläger wollte auf der geforderten Teilfläche eine Streuobstwiese anlegen. Die Flurbereinigungsbehörde folgte dem im Planwunschtermin geäußerten Begehren des Klägers nicht, sondern teilte das Einwurfgrundstück in zwei Abfindungsflurstücke und teilte einen Teil der Abfindungsflurstücke dem Naturschutzverband zu. Zur Begründung führte die Flurbereinigungsbehörde aus, die Zuteilung einer solchen ökologisch hochwertigen Fläche an ein Naturschutzverband sei sinnvoll, zumal dieser die Flurstücke in ein umfassendes Naturschutzprojekt mit den ihn zur Verfügung stehenden angrenzenden Flächen einbetten wollte.

Der Nichtlandwirt wehrte sich gegen diese Entscheidung und erhob Klage unter anderem mit der Begründung, die Zuteilung an den Naturschutzverband sei ermessensfehlerhaft. Er selber würde die Flächen zur Schafhaltung und damit im Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebs nutzen wollen. Die Aufstockung eines solchen landwirtschaftlichen Betriebes und die Hinzulegung eines angrenzenden Masselandgrundstücks genieße Vorrang gegenüber dem von dem Naturschutzverband verfolgten landespflegerischen Zweck.

Das Oberverwaltungsgericht hat Klage abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei zwar zulässig, damit ihr ein sog. selbstständiger Anspruch i.S.v. § 59 Abs. 2 FlurbG geltend gemacht werde, der neben dem Anspruch auf wertgleiche Abfindung nach § 44 Abs. 2 FlurbG hinzutrete, jedoch könne die Zuteilung des Masselandflurstückes an den Naturschutzverband nicht als ermessensfehlerhaft betrachtet werden. Rechtsgrundlage für die Vergabe von Masseland ist § 54 Abs. 2 FlurbG. Danach ist das infolge von Geldabfindung und nach § 46 FlurbG zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigte Land in einer dem Zweck der Flurbereinigung entsprechenden Weise oder für Siedlungszwecke zu verwenden. Durch § 54 Abs. 2 FlurbG werde die Flurbereinigungsbehörde ermächtigt, das übrig gebliebene Land nach pflichtgemäßen Ermessen an interessierte Bewerber in eine dem Zweck der Flurbereinigung entsprechenden Weise zuzuteilen. Auch könne die Zuteilung des Masselandes bereits im ursprünglichen Flurbereinigungsverfahren vorgenommen werden und müsste nicht innerhalb einer gesonderten Ausschreibung durchgeführt werden. Im vorliegenden Fall sei die Zuteilung bereits im ursprünglichen Flurbereinigungsverfahren vorgenommen worden, da ersichtlich lediglich der Kläger als auch der Naturschutzverband als Interessenten der beiden Masselandflurstücke, die durch die Teilung des Einwurfflurstücks entstanden sind, in Betracht kamen.

Die Zuteilung von Masselandgrundstücken muss nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts jedoch nicht zwingend an Verfahrensteilnehmer erfolgen. Das Land kann auch an Bewerber zugeteilt werden, die nicht am Verfahren beteiligt sind.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung der Flurbereinigungsbehörde ist gemäß § 138 Abs. 1 FlurbG i.V.m. § 114 VwGO der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also der Zeitpunkt, in dem der Widerspruchsbescheid erlassen worden ist. Bis zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt hatte der Kläger nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts jedoch kein betriebswirtschaftliches Interesse an der Zuteilung des Masselandes geltend gemacht. Vielmehr hatte er lediglich an der Arrondierung seines Hausgrundstückes bekundet, verbunden mit der erklärten Absicht, auf den hinzugelegten Flächen Obstbäume anpflanzen zu wollen. Erst im Klageverfahren habe er das Interesse eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes geäußert. Das erst im Klageverfahren geäußerte Interesse sei für die vorzunehmende gerichtliche Kontrolle der Ermessensentscheidung der Flurbereinigungsbehörde jedoch unerheblich. Ferner halte sich die Zuteilung des Masselandflurstücks an den Naturschutzverband auch innerhalb der gesetzlichen Ermächtigung. Sie entspreche dem Zweck der Flurbereinigung, da mit ihrer Zuteilung die ökologische Bedeutung der Feuchtwiese auf dem Abfindungsflurstück erhalten werden solle. Dies diene dem Interesse der allgemeinen Landeskultur i.S.v. § 1 und § 37 Abs. 1 S. 1 FlurbG. Auch die weiteren Argumente des Kläger überzeugten nicht. Das Oberverwaltungsgericht wies in seiner Entscheidung ferner darauf hin, dass das Flurbereinigungsgesetz keine zwingende Verpflichtung enthalte, dass landespflegerische Ziele nur verfolgt werden könnten, wenn ihm entsprechende hoheitliche Anforderungen zu Grunde gelegt werden. Die Frage, ob die Verfolgung eines landespflegerischen Ziels mit dem primären Zweck der Flurbereinigung zur Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen landwirtschaftlicher Betriebe konkurriere, hatte das Gericht nicht zu prüfen, da der Kläger bis zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage keine betriebswirtschaftlichen Interessen eines landwirtschaftlichen Betriebes geäußert und verfolgt habe. Die Klage war daher abzuweisen.

Das Urteil zeigt, wie wichtig Äußerungen und betriebliche Darstellungen bereits im Planwunschtermin eines Flurbereinigungsverfahrens sind.

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