Ausbau einer Scheune zu Wohnzwecken zulässig

Die Nutzung und der Ausbau einer Scheune zu Wohnzwecken ist grundsätzlich zulässig, wie das Verwaltungsgericht Cottbus in seinem Urteil vom 25.09.2015 entschied. Dem hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit seinem Urteil vom 05.02.2019, Az.: OVG 6 N 2.19 zugstimmt, indem es den Antrag auf Zulassung einer diesbezüglichen Berufung ablehnte. Die Angriffe gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Cottbus durch die Gemeinde, in der das Grundstück mit der streitbefangenen Scheune lag, konnten das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nicht überzeugen.

Eine Gemeinde hatte sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts gewandt, in welchem dieses entschieden hatte, dass für den Ausbau einer Scheune zu Wohnzwecken ein positiver Bauvorbescheid zu erteilen ist. Begründet hatte das Verwaltungsgericht seine Entscheidung damit, dass die geltenden baurechtlichen Vorschriften dem Bauvorhaben nicht entgegenstehen.

Uneinigkeit herrschte zunächst über die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Scheune befinde sich noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils des unbeplanten Innenbereichs des Gemeindegebiets, welcher im Gegensatz zum Außenbereich, auf welchem eine Bebauung grundsätzlich nicht zulässig ist, in der Regel generell bebaut werden darf. Wann in der Praxis ein Ortsteil und somit der Innenbereich endet, ist häufig nicht ganz klar zu erkennen, sodass auch die betroffene Gemeinde die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich nicht nachvollziehen konnte und die Zuordnung zum Innenbereich bestritt. Die Scheune befand sich im hinteren Bereich des Grundstücks und erstreckte sich zwischen dem Hauptgebäude und dem vermeintlichen Außenbereich. Darin sah das Verwaltungsgericht einen Ausnahmefall und entschied, dass gerade dieser Bereich ausnahmsweise noch dem Innenbereich zuzuordnen sei, obwohl in der Regel nur Bauwerke städtebaulich prägenden Charakter haben und daher dem Innenbereich zuzuordnen sind, wenn sie dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die hingegen nur vorübergehend genutzt werden, wie grundsätzlich auch Scheunen, stellen in der Regel für sich genommen kein für die Siedlungsstruktur prägendes Element dar. Gleichwohl bestätigte das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil die Ansicht des Verwaltungsgerichts. Dabei verwies es auf die Klarstellungs- und Abrundungssatzung der Gemeinde. Dort hatte die Gemeinde die „Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile“ selbst festgelegt und damit für alle bestehenden Zweifelsfälle den nachweislich vorhandenen Innenbereich vom Außenbereich deklaratorisch abgegrenzt.

Auch hinsichtlich der zweiten Voraussetzung des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB, wonach ein Bauvorhaben nur zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, bezweifelte die Gemeinde die Richtigkeit der Entscheidung des Veraltungsgerichts. Die Gemeinde akzeptierte zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es für das „Einfügen“ nach dem Maß der baulichen Nutzung unter anderem auf die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebengebäude ankomme, ordnete die in Frage stehende Scheune aber als Nebenanlage ein.

Die Frage nach der Einordnung der Scheune als Haupt- oder Nebenanlage war deshalb bedeutend, da eine sog. Hinterlandbebauung, eine Bebauung im rückwärtigen Grundstücksbereich, unzulässig ist, wenn im hinteren Bereich der umliegenden Grundstücke nur Nebenanlagen vorhanden sind. Dies beruht darauf, dass Nebenanlagen aufgrund ihres quantitativen Erscheinungsbildes nicht geeignet sind, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen. Nebenanlagen kennzeichnen sich im Vergleich zu Hauptanlagen dadurch aus, dass sie der Hauptanlage funktionell zugeordnet und ihr räumlich-gegenständlich untergeordnet sind. Dies mag zwar auf den ersten Blick auf ein Scheunengebäude zutreffen, allerdings handelte es sich bei der steitgegenständlichen Scheune um ein mit einem Ziegeldach versehenes Gebäude aus massivem Mauerwerk. Ein solches Nebengebäude, das nach seiner Größe und seiner äußeren Erscheinungsform eher einem weiten Wohngebäude gleicht, kann hinsichtlich des offensichtlich fehlenden Merkmals der Unterordnung nicht als Nebenanlage eingeordnet werden. Diese Argumentation, die auch das Oberverwaltungsgericht überzeugte, zeigt, dass für das „Einfügen“ in die Eigenart der Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung maßgebend und bedeutend ist, wobei vorrangig auf Kriterien abzustellen ist, in den die prägende Wirkung des Gebäudes besonders zum Ausdruck kommt. Dazu zählen beispielsweise Größe, Geschosszahl und Höhe des Bauwerks bei einer geschlossenen Bebauung. Grundsätzlich machte das Verwaltungsgericht in seinem Urteil noch einmal deutlich, dass es keinen Grundsatz gibt, der besagt, dass eine Hinterlandbebauung städtebaulich unerwünscht ist. Zudem ist es für das Merkmal der Wahrung der Eigenart der näheren Umgebung und demnach für die Zulässigkeit der Wohnnutzung nach dem Oberverwaltungsgericht irrelevant, ob es sich beim fraglichen Bereich bereits um ein Dorfgebiet oder um ein allgemeines Wohngebiet handele und dass eine Wohnnutzung bislang nicht im rückwärtigen Bereich von Grundstücken zu finden sei.

Schließlich konnte auch der letzte Einwand der Gemeinde, das Bauvorhaben verstoße gegen das nachbarschaftliche Rücksichtnahmegebot, das Oberverwaltungsgericht nicht zur Zulassung der Berufung bewegen. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist immer dann gegeben, wenn durch das geplante Bauvorhaben eine Person oder ein konkreter Personenkreis individualisiert und qualifiziert betroffen ist. Dies war im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Insbesondere stellte das Verwaltungsgericht klar, dass der in Rede stehende Bereich bereits baulich genutzt und damit vorbelastet und auch ein Heranrücken der Wohnbebauung an emissionsträchtige gewerbliche oder landwirtschaftliche Nutzung nicht erkennbar sei.

Insgesamt hat das Oberverwaltungsgericht noch einmal bestätigt, dass grundsätzlich nichts gegen den Ausbau und die anschließende Nutzung einer Scheune zu Wohnzwecken spricht.

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