Keine landwirtschaftliche Nutzung bei Verpachtung eines Grundstücks zum Betrieb einer Windkraftanlage

Die Hofzugehörigkeit eines Grundstücks entfällt, wenn die Nutzung einer Parzelle allein zum Zwecke des Betriebs einer Windkraftanlage verpachtet und genutzt wird, da der Betrieb einer Windkraftanlage eine landwirtschaftsfremde Nutzung darstellt, so das Amtsgericht Beckum in seinem Beschluss vom 12.06.2019, Az.: 100 Lw 21/19.

Im Streitfall hatte das Gericht über die Hofzugehörigkeit eines Grundstücks zu entscheiden. Der Vater des Eigentümers hatte eine Teilfläche des streitgegenständlichen Grundstücks für die Dauer von 25 Jahren für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage an eine 2-Personen-GbR, welcher der Eigentümer selbst angehörte, übertragen.  Die GbR hatte auf dieser Fläche eine Windkraftanlage errichtet. Einige Jahre später übernahm der jetzige Eigentümer den Hof und zerlegte das Flurstück in die mit der Windkraftanlage bebaute Parzelle und ein weiteres Flurstück. Wenig später verkaufte die GbR die Windkraftanlage an eine KG, welche den Nutzungsvertrag übernahm und mit dem Hofeigentümer eine Verlängerung der Vertragslaufzeit vereinbarte. Zudem schloss der Eigentümer einen auf 25 Jahre befristeten Repowering-Vertrag mit einer AG. Diese erhielt das Recht, auf der Parzelle eine neue Windkraftanlage zu errichten. Die Verträge sahen jeweils eine Rückbauverpflichtung des Windrad-Betreibers vor.

Das Landwirtschaftsgericht hat das mit der Windkraftanlage bebaute Grundstück als nicht  hofzugehörig im Sinne des § 2 Abs. 1 HöfeO beurteilt, da es nicht regelmäßig von der Hofstelle aus bewirtschaftet werde. Sowohl die Verpachtung des Grundstücks wie auch der Betrieb der Windkraftanlage stelle keine landwirtschaftliche Nutzung dar. Zu Begründung zitierte es den BGH, der in seinem Beschluss vom 24.04.2009, Az.: BLw 21/08, folgendes ausführte:

„Landwirtschaftliche Nutzung sind die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierischer Erzeugnisse zu gewinnen […]. Die Nutzung von Flächen zur Gewinnung von Windenergie fällt nicht hierunter. […]. Selbst wenn damit der Landwirtschaft neben Tier- und Pflanzenproduktion ein drittes Standbein zugewiesen wird, kann der dafür notwendige Flächengebrauch jedenfalls dann nicht als landwirtschaftliche Nutzung angesehen werden, wenn die Energieerzeugung nicht mit Hilfe der Pflanzenproduktion erfolgt […]. Anders ist es jedoch bei der Erzeugung von Windenergie; bei ihr werden die in Anspruch genommenen Flächen lediglich als Produktionsstätten gebraucht.“

Das Landwirtschaftsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die erforderliche Nähe zur Landwirtschaft nicht bereits dadurch geschaffen werde, dass die Erlöse aus der Verpachtung dazu dienten, etwaige Mindereinnahmen aus der Landwirtschaft auszugleichen. Zudem hänge die Annahme einer Hofzugehörigkeit auch wesentlich von der Dauer der entsprechenden landwirtschaftsfremden Nutzung ab. Gemäß § 2 a) HöfeO sei die Hofzugehörigkeit nämlich nicht schon deshalb ausgeschlossen, wenn das Grundstück lediglich zeitweise landwirtschaftlich genutzt werde. Da es sich hierbei gesetzessystematisch jedoch um einen geregelten Ausnahmefall handele, sei für die Annahme einer solchen „Zeitweiligkeit“, welche die Hofzugehörigkeit nicht ausschließt, eine positive Feststellung erforderlich, um die Fortdauer der Hofzugehörigkeit zu bejahen. Bestünden daran Zweifel, entfiele die Hofzugehörigkeit. Insoweit komme zwar auch dem Willen des Eigentümers, das Grundstück nur vorübergehend landwirtschaftlich zu nutzen, wesentliche Bedeutung zu. Allerdings ermögliche dieser Wille die Feststellung einer nur zeitweiligen Fremdnutzung nicht, wenn aufgrund objektiver Umstände völlig offen sei, in welcher Weise das Grundstück später genutzt werde. Ein entscheidender Umstand in diesem Sinne könne beispielsweise die besondere Eignung des Grundstücks für eine landwirtschaftsfremde Weiternutzung darstellen. Im vorliegenden Fall war aber offengeblieben, ob der jetzige Eigentümer die Absicht hatte, nach Ablauf der Vertragszeit zu einer landwirtschaftlichen Nutzung zurückzukehren. Auch die Motivation des Eigentümers gebe keinen Hinweis auf eine solche Anschlussnutzung. Die Motivation für die Verpachtung zum Betrieb einer Windkraftanlage sei nämlich rein wirtschaftlicher oder ökologischer Natur, welche nicht auf eine Wiederaufnahme der Landwirtschaft ziele. Das Landwirtschaftsgericht verneinte daher insgesamt die „Zeitweiligkeit“ der nicht landwirtschaftlichen Nutzung und damit die Hofzugehörigkeit der Parzelle. Sie sei daher aus dem Hofgrundbuch abzuschreiben, § 7 HöfeVfO.

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