Betreiber von Jauche-, Gülle- und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen) mit einem Gesamtvolumen von mehr als 500 m³ haben diese durch einen Sachverständigen auf ihre Dichtheit und Funktionsfähigkeit prüfen zu lassen, wenn der Verdacht erheblicher oder gefährlicher Mängel vorliegt, so das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 24.07.2019, Az.: 2 M 47/19.
Die Pächterin eines Stallbereichs, in welchem sie in mehreren Abteilen insgesamt 1.469 Sauen und Schweine hielt, wandte sich gegen eine ihr erteilte wasserrechtliche Ordnungsverfügung, mit welcher ihr die Prüfung der Dichtheit und Funktionsfähigkeit ihrer Güllekeller und Güllekanäle aufgegeben wurde. Diese befanden sich unter den Spaltböden der Stallabteile und unterhalb der Kellerböden. Der Betrieb der Sauenzuchtanlage war immissionsschutzrechtlich genehmigt. In der Genehmigung waren jedoch Nebenbestimmungen enthalten, die vorschrieben, dass die Dichtheit der Gülleanlage mindestens jährlich wiederkehrend zu prüfen und der ordnungsgemäße Zustand der Anlage nach jeder Überprüfung durch einen Sachkundigen zu bescheinigen sei. Außerdem seien Jauche- und Güllebehälter sowie die Gruben und Kanäle einschließlich deren Sammel-, Umschlag- und Abfülleinrichtungen mindestens einmal jährlich im Leerzustand einer Sichtkontrolle durch die Betreiberin zu unterziehen, deren Ergebnisse zu protokollieren und der zuständigen Wasserbehörde auf Verlangen vorzulegen.
Als es im Februar 2018 zu einem Güllehochstand in einigen Stallabteilen kam, trat auch Gülle über den Spaltboden der betroffenen Abteile. Zudem wurde bei einer Kontrolle Anfang März 2018 nördlich der Stallanlage ein mit Flüssigkeit gefüllter Graben vorgefunden. Zwar habe die konstruktive Ausbildung der Güllekeller unter den Spaltböden sowie deren Dichtheit nicht bewertet werden können. Jedoch konnten oberhalb der Spaltböden zur Nordwand Risse und Fugen festgestellt werden. Daher konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Gülleableitung technisch eingeschränkt und somit nicht mehr funktionsfähig sei. Es erging eine wasserrechtliche Ordnungsverfügung mit welcher der Betreiberin aufgegeben wurde, die Güllekeller sowie die Güllekanäle des Stallbereichs durch einen Sachverständigen auf Dichtheit sowie Funktionsfähigkeit überprüfen zu lassen und den zugehörigen Nachweis in Form des Prüfungsprotokolls der unteren Wasserbehörde zu geben. Es bestünde die Gefahr, dass bei ungünstigen Umständen ein Austritt von Gülle in das ungeschützte Erdreich erfolge. Nachdem die Betreiberin den Anforderungen nicht nachkam und mehrmals Zwangsgelder gegen sie festgesetzt wurden, erhob sie Klage.
Das Oberverwaltungsgericht erklärte die wasserrechtliche Ordnungsverfügung für rechtmäßig. Zunächst sei die Pächterin, entgegen ihrer Auffassung, die richtige Adressatin der Verfügung, denn Betreiber einer Anlage im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sei derjenige, der in tatsächlicher sowie rechtlicher Hinsicht über die Anlage bestimmt und auch wirtschaftlich für diese verantwortlich ist, also ihre Kosten trägt und Nutzen aus ihr zieht. Insbesondere für die Durchführung der vorgeschriebenen Sachverständigenprüfungen können sowohl der Verpächter also auch der Pächter der Anlage verantwortlich sein. Als Pächterin des Stallbereichs sei die Klägerin daher auch Betreiberin der Güllekeller und -kanäle. Sie sei demzufolge für die Erfüllung der Betreiberpflichten nach § 62 Abs. 1 WHG i.V.m. § 13 Abs. 3 Anlage 7 der Verordnung über Anlagen im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) verantwortlich. Zudem habe auch eine Gefahr i.S.d. § 100 Abs. 1 S. 2 WHG als Voraussetzung für wasserbehördliches Einschreiten vorgelegen, da eine solche bei einem Verstoß gegen Normen des geltenden Wasserrechts grundsätzlich gegeben sei. Vorliegend habe die Betreiberin gegen § 62 Abs. 1 WHG i.V.m. § 13 Abs. 3 und Anlage 7 AwSV verstoßen. Danach müssen Jauche-, Gülle- und Silagesickersaftanalgen (JGS-Anlagen) den bestmöglichen Schutz der Gewässer vor nachteilten Veränderungen ihrer Eigenschaften gewährleisten. Betreiber von JGS-Anlagen mit einem Gesamtvolumen von mehr als 500 m³ haben diese daher auf Anordnung der zuständigen Behörde durch einen Sachverständigen auf ihre Dichtheit und Funktionsfähigkeit prüfen zu lassen, wenn der Verdacht erheblicher oder gefährlicher Mängel der Güllekeller und Güllekanäle vorliege. Ein solcher Verdacht bestünde. Insbesondere sei die Dichtheit der Anlage aufgrund der langen Dauer des Betriebs (seit 1996) des Stallbereichs nicht mehr gewährleistet. Bislang seien die Güllekeller und -kanäle auch noch keiner Dichtheits- und Funktionsfähigkeitsprüfungen unterzogen worden. Im Hinblick auf die festgestellten Risse und Fugen in den Betonwänden des Güllekellers bestünden außerdem hinreichende Anhaltspunkte, die den Verdacht begründen, dass die Wand undicht geworden sei. Danach liege auch die Annahme nicht fern, dass der festgestellte Gülleaustritt nicht nur durch den Güllehochstand und die Risse und Fugen verursacht worden sei, sondern auch durch fehlende Dichtheit der Güllekeller, wofür in erster Linie ebenfalls das Alter des Güllekeller spreche. Schließlich sei nicht von der Hand zu weisen, dass der Güllehochstand im Februar 2018 auch erst durch eine nicht mehr voll funktionsfähige Gülleanlage verursacht wurde. Insgesamt bestätigte das Oberverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung.