Unzulässige Beschränkungen im Rahmen eines Dienstbarkeitsweges

Besteht ein im Grundbuch eingetragener Dienstbarkeitsweg, so muss der Nutzungsberechtigte etwaige Beeinträchtigungen wie Zäune oder Tore seitens der Nutzungsverpflichteten nicht dulden, sofern diese an den Auflagen kein berechtigtes Interesse haben. Das entschied das Oberlandesgericht Koblenz in seinem Urteil vom 18.04.2019, Az.: 1 U 207/18.

Zwischen der 96-jährigen Eigentümerin eines Grundstücks und ihren Nachbarn, die jeweils zur Hälfte Miteigentümer des Grundstücks waren, herrschte Streit über die Nutzung eines im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeitswegs. Die Eintragung im Grundbuch schrieb vor, dass der jeweilige Eigentümer berechtigt sei, den Weg frei zu begehen und zu befahren. Eine zuvor vorausgegangene Klage der Nachbarn auf Löschung der Dienstbarkeit war rechtskräftig abgewiesen worden. Daraufhin hatten diese auf dem Dienstbarkeitsweg ein 3,50 m breites Holztor errichtet, welches mit einer Kette nebst unverschlossenem Vorhängeschloss versehen war. Zudem stellten die Nachbarn einen Maschendrahtzaun quer zum Anwesen der 96-Jährigen auf, der mitten durch den Dienstbarkeitsweg verlief. Am Übergang des Wegs zum Grundstück der Eigentümerin ragten zudem zwei Metallpfosten im Abstand von 2 m empor, an denen wiederum eine Kette nebst Schild mit der Aufschrift „Durchfahrt verboten“ angebracht war. Gleichzeitig stellten die Nachbarn zwei mittelgroße Pflanzenkübel auf und pflasterten den Weg, während das Grundstück der Eigentümerin unverändert eine Wiese blieb. Dadurch entstand ein Höhenunterschied beider Flächen von 10 bis 15 cm. Diese Beeinträchtigungen wollte die 96-jährige Dame nicht dulden und erhob daher Klage. Zur Begründung führte sie an, dass ihr seit der Errichtungen der Absperrungen der Dienstbarkeitsweg gänzlich versperrt sei. Er könne weder begangen noch mit größeren Fahrzeugen oder mit Fahrzeugen mit Anhängern befahren werden, was dem ihr zustehenden uneingeschränkten Dienstbarkeitsrecht widerspräche. Für ein solches Verbarrikadieren des Weges gebe es keinen vernünftigen Grund. Die Nachbarn hielten dem entgegen, dass sowohl die Metallpfosten als auch die Kette leicht zu entfernen seien und eine Beeinträchtigung der Eigentümerin damit nicht verbunden sei. Zudem beriefen sie sich auf die ihnen unzumutbare Situation, dass der Dienstbarkeitsweg unmittelbar an ihrer Haustür vorbei führe und dadurch das Verlassen ihres Hauses stets mit der Gefahr verbunden sei, von vorbeifahrenden Autos erfasst zu werden. Schließlich mache der Höhenunterschied zwischen dem Grundstück der Dame und dem Weg ein gefahrloses Überfahren des Übergangsbereichs nicht unmöglich und sei daher irrelevant.

Das Gericht gab der Klage der Eigentümerin dennoch statt. Aufgrund der bestehenden Dienstbarkeit sei sie berechtigt, das Geh- und Fahrrecht über die voll im Grundbuch angegebenen Breite von 5 m zu benutzen, sodass ein 3,50 m breites Holztor unzulässig sei. Das Geh- und Fahrrecht könne insbesondere auch von Personen ausgeübt werden, die zur Eigentümerin in einer besonderen Beziehung stehen wie Verwandte, Hausgenossen, Besucher oder auch Mieter und Pächter. Das Recht der Dienstbarkeit erfasse außerdem auch ein Befahren des Weges mittels Lastkraftwagen, z.B. bei der Anfahrt von etwaigen Lieferanten. Beeinträchtigungen des Nutzungsrechts seien nur zulässig, wenn die Nutzungsverpflichteten an den Beeinträchtigungen ein berechtigtes Interesse haben und der Nutzungsberechtigte diese daher hinnehmen müsse. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere begründe der Umstand, dass jemand mit dem Auto unmittelbar vor der Haustür des Hauses vorbeifahre, auch keine Duldungspflicht der Eigentümerin hinsichtlich der Anbringung eines Maschendrahtzauns. Sowohl durch den Zaun, als auch durch das Holztor und die Metallpfosten samt Ketten und Vorhängeschlössern entstehe eine erhebliche Behinderung des freien Zugangs der Eigentümerin und ihrer Besucher zum Dienstbarkeitsweg und ihrem Hausanwesen, zumal auch ein unverschlossenes Vorhängeschloss am Tor dahingehend zu verstehen sei, dass an dieser Stelle ein Zugang zum Grundstück nicht möglich sei. Es müsse im Rahmen des Dienstbarkeitsrechts jedoch sichergestellt werden, dass die Zuwendung zum Grundstück der 96-Jährigen für jedermann erkennbar gewährleistet sei. Auch den Höhenunterschied von 10-15 cm zwischen dem Weg und dem Grundstück der Eigentümerin sei im Hinblick auf das Begehen und Befahren erheblich. Für Fußgänger bestehe dadurch eine Stolpergefahr und bei Fahrzeugen könne beim Überfahren des Übergangsbereichs die Gefahr eines Schadenseintritts entstehen. Ein berechtigtes Interesse der Nachbarn an diesen Beeinträchtigungen sei in keinerlei Hinsicht ersichtlich. Vielmehr vertrat das Gericht die Annahme, dass diese mit Errichtung der Absperrungen, insbesondere auch mit Blick auf das zuvor verlorene Verfahren zur Löschung der Dienstbarkeit, die Nutzung des Dienstbarkeitswegs bewusst einschränken und das Geh- und Fahrrecht der 96-Jährigen damit faktisch abschaffen wollten.

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