Höfeordnung – was Landwirte und weichende Erben wissen sollten / Teil I

Höferecht ist überwiegend Sondererbrecht. Es gilt aber nicht für jeden Betriebsinhaber und auch nicht überall.

Die Nordwestdeutsche Höfeordnung gilt nur für Betriebe, die in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Hamburg ihre Hofstelle haben. Erhebliche Bedeutung haben ferner die Höfeordnung für Rheinland-Pfalz und neuerdings auch die Höfeordnung für Brandenburg. Hier soll allerdings nur die Nordwestdeutsche Höfeordnung näher beleuchtet werden.

Die Höfeordnung verfolgt zwei Zielsetzungen:

Zum einen soll sie sicherstellen, dass der Hof im Erbfall nicht an eine Erbengemeinschaft, sondern an einen einzigen und geeigneten Hoferben fällt. Zum anderen will sie verhindern, dass der Hoferbe mit erbrechtlichen Abfindungsansprüchen konfrontiert wird, die der Betrieb nicht finanzieren kann. Denn anders als ein Wertpapierdepot kann ein landwirtschaftlicher Betrieb und können die landwirtschaftlichen Flächen nicht von heute auf morgen veräußert werden, ohne den Bestand der landwirtschaftlichen Besitzung zu gefährden.

Höferecht kommt zur Anwendung, wenn die landwirtschaftliche Besitzung einen Einheitswert von mindestens 10.000,00 € hat. Beträgt der Einheitswert mindestens 5.000,00 €, aber weniger als 10.000,00 €, bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung des Hofinhabers, dass sein landwirtschaftlicher Betrieb der Höfeordnung unterliegen soll. Kleinstbetriebe mit einem Einheitswert von weniger als 5.000,00 € können kein Hof im Sinne der Höfeordnung sein.

Die Hofeigenschaft ist nicht für alle Zeiten in Stein gemeißelt. Auch wenn die landwirtschaftliche Besitzung mit einem Einheitswert von mindestens 10.000,00 € nach der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 1 HöfeO ein Hof ist, hat der Hofeigentümer jederzeit die Möglichkeit, durch Erklärung gegenüber dem Landwirtschaftsgericht die Hofeigenschaft zu beseitigen. Dann spielt die Höfeordnung keine Rolle mehr. Der Hof vererbt sich nach allgemeinem Erbrecht.

Ist aber die landwirtschaftliche Besitzung ein Hof im Sinne der Höfeordnung, gilt der Grundsatz, dass der Hof im Erbfall nicht an eine Erbengemeinschaft fallen kann. Hofeigentümer wird im Erbfall derjenige, den der Hofinhaber in seiner letztwilligen Verfügung zum Hoferben bestimmt hat. Hoferbe kann nur eine einzelne, natürliche Person sein.

Hat der Hofeigentümer in seiner letztwilligen Verfügung keinen Hoferben bestimmt oder hat er überhaupt kein Testament gemacht, greift die gesetzliche Hoferbfolge. In der ersten Hoferbenordnung sind die Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge berufen.

Vereinfacht gesagt erbt derjenige Abkömmling den Hof, dem der Hofeigentümer zu Lebzeiten die Bewirtschaftung des Hofes überlassen hatte, ansonsten der, demgegenüber der Erblasser zu erkennen gegeben hat, dass dieser sein Nachfolger werden soll. Allerdings muss der Hoferbe wirtschaftsfähig sein. Dies gilt sowohl bei einer Erbeinsetzung durch Testament oder Erbvertrag als auch bei der gesetzlichen Hoferbfolge. Der Hoferbe muss die Kenntnisse und praktische Erfahrung haben, um einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen.

Gibt es keinen Erben der 1. Hoferbenordnung oder sind alle Miterben der 1. Hoferbenordnung nicht wirtschaftsfähig, ist der überlebende Ehegatte in der 2. Hoferbenordnung zum Hoferben berufen. Bei dem Ehegatten gilt die Besonderheit, dass dieser nicht wirtschaftsfähig sein muss.

Das Erfordernis der Wirtschaftsfähigkeit gilt übrigens auch bei einer lebzeitigen Übergabe des Hofes. Diese bedarf der Genehmigung durch das Landwirtschaftsgericht. Dieses prüft, ob der vorgesehene Hofnachfolger auch tatsächlich wirtschaftsfähig ist.

Oft stellt sich die Situation, dass der ausgewählte Hofnachfolger keinen landwirtschaftlichen Hintergrund und keine landwirtschaftliche Ausbildung hat. Damit eine lebzeitige Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes oder eine Vererbung des landwirtschaftlichen Betriebes an ihn möglich ist, gibt die Höfeordnung die Möglichkeit, durch Abgabe der so genannten negativen Hoferklärung die Hofeigenschaft zu beseitigen. Dann kann die landwirtschaftliche Besitzung ohne Rücksicht auf höferechtliche Bestimmungen an einen oder an mehrere Erben vererbt oder lebzeitig an eine oder mehrere Personen übertragen werden. Der Nachfolger hat dann sogar die Möglichkeit, den Hof wieder in die Höferolle eintragen zu lassen.

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