Stundung eines Pflichtteils

Ein Erbe kann gemäß § 2331a BGB zwar Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs für den Erben eine unbillige Härte darstellen würde, jedoch kommt eine Stundung nicht in Betracht, wenn absehbar ist, dass der Erbe auch durch Stundung nicht in die Lage versetzt wird, sich jemals die Mittel zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen. Dies entschied der 3. Zivilsenat des Oberlandesgericht Rostock mit seinem Urteil vom 20.06.2019, Az.: 3 U 32/17.

In dem vom Oberlandesgericht zu entscheidenden Fall hatte der Erblasser seine Enkelin zur Alleinerbin seines Vermögens eingesetzt, wobei zum wesentlichen Vermögenswert des Nachlasses ein bebautes Grundstück zählte. Dieses wird nunmehr von der Erbin und ihrer Familie zu Wohnzwecken genutzt. Als die beiden Töchter des Erblassers und Tanten der Erbin ihre Nichte zur Zahlung des Pflichtteils in Höhe von jeweils 29.500 Euro aufforderten, verweigerte sie dies. Die Erfüllung der Pflichtteilsansprüche beinhalte eine unbillige Härte für sie, da sie das Haus mit ihren fünf Kindern und ihrem arbeitslosen Ehemann bewohne und ihr keinerlei anderweitigen Mittel zur Verfügung stünden, die ihr eine Erfüllung der Forderungen möglich machen würden. Um das ihr vererbte Haus wieder bewohnbar zu machen, habe Sie 120.000 Euro investieren müssen und dafür einen Bausparkredit aufnehmen müssen, sodass sie aus diesem Grund auch keine weiteren Kredite erhalten werde. Sie könne keinen Zeitpunkt nennen zu welchem sie zur Zahlung der Forderungen in der Lage sein werde. Die beiden Tanten hielten ihrer Nichte jedoch entgegen, dass seriöse Kaufangebote über 150.000 Euro vorgelegen haben und sie, anstatt ihre Pflichtteilsansprüche damit zu erfüllen, das Objekt in der Folgezeit zusätzlich erheblich belastet habe. Angesichts ihres betagten Alters von 54 und 57 Jahren sei ihnen eine Stundung ihrer Pflichtteilsansprüche nicht zumutbar. Sie erhoben Klage.

Das Gericht wies den Antrag der Enkelin auf Stundung des Pflichtteils zurück. Zwar könne ein Erbe nach § 2331a Abs. 1 BGB grundsätzlich Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs für den Erben wegen der Art der Nachlassgegenstände eine unbillige Härte darstelle, zum Beispiel wegen einer damit verbundenen Aufgabe des Familienheims oder einer Veräußerung eines Wirtschaftsgutes, jedoch seien auch die Interessen der Pflichtteilsberechtigten angemessen zu berücksichtigen. Diese würden im vorliegenden Fall das Stundungsinteresse der Erbin deutlich überwiegen. Neben dem Alter der Pflichtteilsberechtigten, sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Erbin zum Zeitpunkt des Erbfalls über ein anderes Familienheim verfügte und daher keine Notwendigkeit bestand ein unbewohnbares Haus wieder bewohnbar zu machen, zumal der dafür erforderliche Aufwand sehr hoch war und die Erbin zu dieser Zeit schon über begrenzte finanzielle Mittel verfügte. Die Erbin hätte, statt sich freiwillig erheblichen Investitionen zu unterwerfen, das Haus verkaufen können und damit nicht nur die Pflichtteilsansprüche befriedigen, sondern zusätzlich einen erheblichen Geldbetrag für sich selbst erhalten können. Ein ernsthaftes Kaufangebot lag nach Auffassung des Gerichts vor. Außerdem müsse von einer Stundung abgesehen werden, wenn der Erbe oder die Erbin auch durch die Stundung nicht in die Lage versetzt wird, sich jemals die Mittel zur Erfüllung des Pflichtteils zu verschaffen. Davon sei vorliegend auszugehen, denn die Erbin habe bereits durch den mit allen Mitteln geführten Rechtsstreit eine lange Verzögerung von fünf Jahren erreicht und verfüge auch nach dieser Zeit immer noch über keinerlei Mittel, die sie für die Befriedigung der Pflichtteilsansprüche einsetzen könnte. Von der Stundung des Pflichtteils musste daher abgesehen werden.

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