Der Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann. So der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 22.10.2019, Az.: X ZR 48/17.
Ein Landwirtsehepaar hatte im Jahr 1994 ihrem Sohn mehrere Grundstücke sowie Grundstücksanteile übertragen; darunter auch einen Miteigentumsanteil an ihrem Hofgrundstück. Auf dem Hofgrundstück behielt sich das Landwirtsehepaar ein lebenslanges Wohnrecht an einer Wohnung vor. Im Gegenzug für den Erhalt der Schenkung verpflichtete sich der Sohn, nach dem Tod des Längstlebenden seiner Eltern an seine Geschwister innerhalb von zwei bis drei Jahren einen Betrag von 400.000 DM zu zahlen. In den Jahren nach der Hofübergabe kam es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den Eltern und ihrem Sohn. Diese waren erst lediglich verbaler Art, zum Schluss auch körperlich. Im Jahr 2006 kam es schließlich zu einem Vorfall, der zum Streitfall führte. Während eines erneuten Streits zwischen Vater und Sohn stieß der Sohn seinen Vater gegen die Brust, woraufhin dieser umfiel. Anschließend nahm der Sohn seinen Vater in den „Schwitzkasten“. Nach dieser Attacke wollten die Eltern Hof und Grund zurück, erklärten den Widerruf der Schenkung und klagten auf Rückübertragung der Grundstücke und des Hofes. Nachdem das Oberlandesgericht Frankfurt am Main den Eltern den Anspruch in erster Instanz zugesprochen hatte, legte der Sohn Revision ein. Er trug vor, dass sein Vater durch sein provozierendes und uneinsichtiges Verhalten zur Eskalation der Auseinandersetzung beigetragen habe.
Der Bundesgerichtshof gab dem Sohn Recht und verwies die Rechtsstreitigkeit an das Oberlandesgericht zurück. Zwar stimmte es insofern der Vorinstanz zu, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Schenkung gehandelt habe, die grundsätzlich wegen „groben Undanks“ widerrufen werden könne. Die Grundstücke seien rund 1,5 Millionen Euro wert, während die vereinbarte Gegenleistung, seine Geschwister im Falle des Todes der Eltern eine Ausgleichssumme zu zahlen, bei 400.000 DM lag. Bei einer so großen Differenz von Leistung und Gegenleistung sei von einem Geschenk auszugehen. Dass sich die Eltern ein Wohnrecht auf dem Hof vorbehielten, ändere daran nichts. Allerdings stelle sich der Nachweis des groben Undanks als schwierig dar. Der BGH verwies darauf, dass der Widerruf einer Schenkung nur aufgrund schwerer Verfehlungen des Beschenkten möglich sei. Dies läge mit der körperlichen Attacke des Sohnes aber zweifellos vor. Weitere Voraussetzung für die Annahme groben Undanks sei aber zusätzlich, dass der Beschenkte in subjektiver Hinsicht dem Schenker nicht die Dankbarkeit entgegenbringe, die dieser erwarten könne. Maßgeblich sei in dieser Hinsicht, ob das Verhalten des Beschenkten von nachhaltiger Antipathie geprägt sei oder ob möglicherweise lediglich eine Affekthandlung vorliege. Im vorliegenden Fall könnten sich jedoch Anhaltspunkte für ein Handeln im Affekt aus dem Verhalten des Schenkers ergeben. Diesen Umstand habe das Oberlandesgericht nicht hinreichend berücksichtigt. Insbesondere hätte das Oberlandesgericht in seine Entscheidung einbeziehen müssen, dass der Vater durch provozierendes und uneinsichtiges Verhalten gegenüber dem Sohn wesentlich zur Eskalation des Konflikts beigetragen habe. Deshalb müsse man hier genau abwägen, ob das Fehlverhalten des Sohnes tatsächlich als Ausdruck einer generell undankbaren Haltung zu bewerten sei. Das Oberlandesgericht wird sich daher mit der durch den BGH aufgeworfenen Frage erneut auseinandersetzen müssen. Die neue Entscheidung bleibt abzuwarten.