Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts für einen Erbscheinantrag bei Eintragung eines Hofvermerks im Grundbuch

Die Zuständigkeit für die Entscheidung über einen Erbscheinantrag liegt gemäß § 18 Abs. 2 HöfeO ausschließlich beim Landwirtschafts- und nicht beim Nachlassgericht, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen war. Das bekräftigt das Oberlandesgericht Braunschweig in seinem Beschluss vom 29.06.2021, Az.: 3 W 32/21.

Der erstgeborene Sohn der Erblasserin, welche insgesamt vier Kinder hatte, beantragte bei dem Nachlassgericht einen Erbschein. Zum Zeitpunkt des Erbfalls war noch ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen. Die Erblasserin selbst hatte den Grundbesitz ihrerseits als Vorerbin ihres vorverstorbenen Ehemanns erhalten. Im Rahmen eines gemeinschaftlichen privatschriftlichen Testaments hatten sich die Eheleute gegenseitig zum Hofvorerben eingesetzt und für den Längstlebenden festgelegt, dass dieser aus dem Kreise der Abkömmlinge den Hoferben bestimmt. Nach dem Tod des Ehemannes hatte die Erblasserin versucht eine Löschung des Hofvermerks im Grundbuch herbeizuführen. Sie blieb damit jedoch erfolglos und beantragte selbst ein Hoffolgezeugnis, welches ihr auch erteilt wurde. Erst nachdem schließlich auch die Erblasserin verstorben war, löschte das Grundbuchamt auf Anregung der vier Kinder der Erblasserin und auf Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts den Hofvermerk aus dem Grundbuch. Die Hofeigenschaft war zwischenzeitlich entfallen. Der Kläger beantragte daraufhin beim Nachlassgericht einen auf alle vier Kinder zu je ¼ lautenden allgemeinen Erbschein mit der Begründung, dass ein Hof gemäß der Höfeordnung nicht mehr vorliege. Das Nachlassgericht verwies darauf, dass es sich zum Todeszeitpunkt noch um einen Hof gehandelt habe und es deshalb für den Antrag nicht zuständig sei. Dagegen erhob der Antragsteller Beschwerde. Der Hofbetrieb sei bereits vor dem Tod der Erblasserin eingestellt und sämtliche zum Hof gehörende Maschinen veräußert worden. Die Hofstelle sei seitdem insgesamt in keinem hoffähigen Zustand, sodass bereits seit mehreren Jahren die Voraussetzungen für den Wegfall der Hofeigenschaft vorgelegen haben, die Regelungen der Höfeordnung seien deshalb nicht mehr anwendbar.

Die Beschwerde blieb ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht Braunschweig teilt die Auffassung des Nachlassgerichts. Das Nachlassgericht sei für den Erbscheinantrag nicht zuständig. Die Zuständigkeit läge ausschließlich beim Landwirtschaftsgericht. Zum Zeitpunkt des Erbfalls sei noch ein Hofvermerk eingetragen gewesen. Gem. § 18 Abs. 2 HöfeO ist das Landwirtschaftsgericht für die Entscheidungen der Frage zuständig, wer kraft Gesetzes oder kraft Verfügung von Todes wegen Hoferbe eines Hofes geworden ist, und für die Ausstellung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Dies umfasse auch die Zuständigkeit für die Erteilung eines Erbscheins, der ausschließlich hoffreies Vermögen betrifft (BGH, Beschluss vom 8. Juni 1988 – I ARZ 388/88; BGHZ 104, 363-369). Nach § 18 Abs. 2 HöfeO ist es für die Begründung der Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts ausreichend, dass zum Nachlass eine Besitzung gehört, für die im Zeitpunkt des Erbfalls ein Hofvermerk eingetragen war. Dies gelte auch, wenn die Hofeigenschaft zum Zeitpunkt des Erbfalls außerhalb des Grundbuchs entfallen ist. An der Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts ändert auch der Umstand nichts, dass der Hofvermerk nach dem Erbfall von Amts wegen gelöscht wurde und zwischen den Beteiligten Einigkeit bestehe, dass im Zeitpunkt des Erbfalls kein Hof vorhanden war oder dass die äußeren Umstände gegen das Bestehen eines Hofes im Zeitpunkt des Erbfalls sprechen. Nach Auffassung des OLG Braunschweig sei ausschließlich an das formale Kriterium der Eintragung des Hofvermerks im Grundbuch zum Zeitpunkt des Erbfalls anzuknüpfen. Die Anknüpfung an das formale Kriterium des Hofvermerks sei auch sinnvoll, denn mit ihm sei ohne weiteres feststellbar, ob ein Hof zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliege oder nicht. Überdies entspräche diese Anknüpfung der Intention des Gesetzgebers, Streitigkeiten im Zusammenhang mit höferechtlichen Rechtsverhältnissen grundsätzlich der Entscheidungskompetenz der sachnäheren Landwirtschaftsgerichte zu überlassen, den sie vorbehaltlich seien. Im vorliegenden Fall könne daher auch dahinstehen, ob die Hofeigenschaft bereits vor Eintritt des Erbfalls außerhalb des Grundbuchs weggefallen ist, denn sowohl zum Zeitpunkt des Vor- als auch des Nacherbfalls war formal ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen. Die Frage der Zuständigkeit des Nachlassgerichts bzw. Landwirtschaftsgerichts richte sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des Erbfalls ein Hofvermerk eingetragen gewesen sei. Ob dessen materielle Voraussetzungen noch vorgelegen haben, sei nicht entscheidend.

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